Berufs-Urlauber

Wie wäre das, ständig zu reisen und tolle Fotos dabei zu schießen, dann im Internet darüber zu berichten und damit auch noch Geld zu verdienen? Reiseblogger dürfen diesen Traum leben – doch dahinter steckt weit mehr, als man vielleicht glaubt.
© Voyagefox

Traumhafte Kulissen für das perfekte Instagram-Foto

Schon längst besteht die Reiseplanung bei vielen nicht mehr nur aus dem Durchstöbern von Hotelwebsites oder dem typischen Reiseführer. Vor allem die junge Generation informiert sich heute über Reiseblogs und Reise-Accounts – nicht nur wegen ihrer Aktualität und den ansprechenden, realen Fotos, sondern auch wegen ihrer persönlichen Sicht und den Geheimtipps. Es ist eben etwas anderes, wenn hinter den Reisebildern und den Texten auch noch eine sympathische Person steckt, die die Reise mit einem teilt – und nicht etwa ein Reiseunternehmen. 

Diese Art der Information ist für die Reisebranche so wichtig geworden, dass mittlerweile einige Menschen damit ihr Geld verdienen – sogenannte Travel-Blogger. Immer mehr Blogger und Influencer posten erstklassige Fotos von weißen Stränden, versteckten Ecken im Regenwald oder dem geschäftigen Treiben auf fernen orientalischen Märkten – und begeistern damit immer mehr Follower. Für sie muss das auserkorene Reiseziel vor allem Foto- und Instagram-tauglich sein. Viele Hotels und Firmen wollen mit ihnen zusammenarbeiten, um so ihr Unternehmen in den Vordergrund zu stellen und es zu vermarkten. Klingt nach einem absoluten Traumjob, oder? Hübsche Fotos schießen, damit Geld verdienen und so die ganze Welt entdecken können. Doch auch wenn es einfach aussehen mag, scheint mehr Arbeit hinter dem Job als Reiseblogger zu stecken, als man im ersten Moment glauben mag.

Das perfekte Foto

Nathalie Aron gehört mit ihrem Travelblog Voyagefox.net zu den bekanntesten Reisebloggerinnen weltweit. Seit rund drei Jahren reist die 25-Jährige um die ganze Welt. Seit dem Sommer letzten Jahres lebt sie vom Bloggen und von Instagram. Nebenbei studiert sie jedoch nach wie vor. 

Die Fotos werden von ihrem Mann Patrick geschossen. „Er steht quasi genauso hinter Voyagefox wie ich. Angefangen haben wir mit unseren Smartphones als Kameras und haben uns dann nach und nach Erfahrungen und Wissen über Fotografie angeeignet“, erklärt Aron. 

Als Reiseblogger kommt man natürlich viel um die Welt und lernt Menschen rund um den Globus kennen, begegnet neuen Kulturen und Essgewohnheiten und sieht die schönsten Naturschauspiele. Jedoch gibt es, wie bei allen Jobs, auch hier Nachteile. „Wir vermissen unsere Heimat oft nach einer Weile. Aus diesem Grund haben wir immer noch unsere Wohnung in Deutschland – wir lieben es, einfach ab und an nach Hause zu kommen, um unsere Familie und Freunde zu sehen“, sagt Reisebloggerin Aron. 

Um ein tolles Foto zu bekommen, muss man außerdem auch einiges beachten. Für die Berufs-Reisenden heißt es jeden Morgen: „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Denn um die Touristengruppen zu meiden und gutes Licht für die Fotos zu haben, muss meistens früh aufgestanden werden. „Hinter einem Post steht mehr Arbeit, als man denkt! Für ein Foto brauchen wir oft mehrere hundert Schüsse, um die richtige Perspektive, Licht, Pose und so weiter zu finden. Auch das Bearbeiten der Fotos nimmt viel Zeit in Anspruch, da jedes Bild andere Lichtverhältnisse hat und somit nicht jedes Bild gleich bearbeitet werden kann“ erläutert Aron. Zusätzlich müssen Blogposts geplant und verfasst, Nachrichten, Kommentare und Mails beantwortet sowie Posts vorbereitet werden. Diese Tage sind weniger glamourös: Home Office mit Vor- und Nachbereitung der Reisen, Texte schreiben, Organisationsplanung, Mails beantworten und Spesenabrechnungen machen. „Es ist quasi nicht nur mein Job, sondern vielmehr mein Lebensinhalt“, so Aron weiter. 

Viel Arbeit im Hintergrund

Auch Marion Payr ist Reise-Bloggerin und begeistert auf thetravelblog.at
zahlreiche Leser. Besser kennt man sie allerdings unter ihrem Instagram-Pseudonym „ladyvenom“, wo sie Einblicke in ihre Reisen von Sambia über die Kapverden und Myanmar bis zu den Färöer-Inseln gewährt. Sie hat Journalismus und Medienmanagement studiert, viele Jahre in der Medienbranche gearbeitet und sich 2016 selbstständig gemacht. Mittlerweile lebt sie von ihrer Tätigkeit als Bloggerin und Fotografin. Zusätzlich berät sie mit ihrem Kreativstudio „Unleashed“ Unternehmen in Social Media-Themen, um sich am Blog von finanziellen Zwängen freizuspielen. „So kann ich wirklich nur das posten, zu dem ich auch stehe und das ich von Herzen empfehle“, meint Payr.

Auch sie meint, dass hinter einem Post sehr viel mehr steckt, als man vielleicht glaubt. „Oft ist es schwierig, Außenstehenden zu erklären, dass ‚schnell ein Foto posten‘ in Wirklichkeit einige Stunden Arbeit benötigt. Als grobe Regel gilt bei mir: Für jedes Foto, das ich auf Instagram poste, mache ich etwa 1000 Fotos und bearbeite etwa 100 davon.“  Wenn das Foto erst einmal geschossen, bearbeitet und ausgewählt wurde, dann schreibt sie noch einen Text dazu, der wiederum Recherche und Vorbereitung benötigt. Hinter einem ganzen Blogpost steckt nochmal deutlich mehr Arbeit – „dafür halten diese Posts dann oft jahrelang und verschwinden nicht im Social Media-Nirvana“, meint sie.

Das Reisen ist für die Wienerin eine absolute Passion. „Der Beruf als Reisebloggerin hat den Vorteil, dass ich ortsungebunden und unabhängig arbeiten kann. Der Nachteil dabei ist eine völlig fehlende Abgrenzung zum Privatleben. Damit kann ich aber ganz gut leben“, sagt Payr und ergänzt: „Die Vorteile überwiegen für mich persönlich. Ich habe zwar die Fähigkeit verloren, einfach nur ‚Urlaub‘ zu machen, dafür ist meine Leidenschaft jetzt mein Beruf.“

Von Beate Binder

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