Die schlechte Idee mit Gutscheinen

Reiseveranstalter und Reisebüros leiden besonders durch die Corona-Krise. Um ihre finanzielle Situation zu verbessern und ihre Kunden zu halten, versuchen derzeit viele, den Urlaubshungrigen für stornierte, aber bereits angezahlte Reisen Gutscheine anzubieten.
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Die Corona-Krise führt zu enormen Problemen für Reiseveranstalter und Reisebüros auf der ganzen Welt

In den Zeiten der Corona-Krise droht vielen österreichischen Reisebüros und Reiseveranstaltern das Aus, da sie derzeit keine Einnahmen haben, aber hohe laufende Kosten (z.B. Miet- und Personalkosten) bewältigen müssen. Hinzu kommt, dass viele ihrer Kunden die vor Corona gebuchten Urlaube schon angezahlt haben. Die Reisen können jedoch aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und Grenzsperren nicht durchgeführt werden. Darum schlagen einige Tourismusvertreter, aber auch Mitglieder der EU-Kommission den Reisebüros Gutscheine für eine neue Reise als Ersatz für die stornierte vor. Diese Vorgangsweise würde zwar die Bindung zwischen Reisebüro und Kunden stärken, birgt aber, wie es auch einige Experten sehen, viele Risiken. Denn Gutscheine helfen den Reisebüros nicht wirklich, wirtschaftlich zu überleben. Außerdem verlieren sie bei Insolvenz des Reisebüros ihre Gültigkeit, außer die Gutscheine sind insolvenzversichert.

Laut Josef Peterleithner, dem Chef des Österreichischen Reiseverbands ÖRV, wären von einer Pleitewelle der etwa 2.100 österreichischen Reisebüros und 800 Reiseveranstalter viele der insgesamt 10.000 Mitarbeiter betroffen. Allein in Niederösterreich mussten bis Ende März 46 Reisebüros zusperren. Peterleithner hofft auf Entschädigungszahlungen der Regierung für bereits erbrachte Leistungen, die wegen der Pandemie nicht stattfinden konnten. Es geht laut Angaben in der Kronen Zeitung vom 6. Mai 2020 um einen finanziellen Schutzschirm für die Branche in der Höhe von 150 bis 200 Millionen Euro. Außerdem wünscht er sich für die kommende Wintersaison eine Verlängerung der Kurzarbeitsregelung.

Gutscheine auf freiwilliger Basis

Als eine Alternative, die die Liquidität der Reisebüro-Unternehmer erhöht, sieht Walter Säckl, Generalsekretär des ÖRV, Gutscheine „auf freiwilliger Basis mit staatlicher Absicherung“. Allerdings könnten durch die Ausstellung von Gutscheinen seiner Meinung nach auch „die Probleme einfach verschoben werden“. Außerdem sei damit „die Chance groß, Kunden zu verärgern“. Der ÖRV hofft auf jeden Fall, dass Reisebüros Entschädigungszahlungen aus dem Corona-Härtefallfonds erhalten.

Der Rewe-Konzern, Mutter der Supermarktketten Billa, Merkur, Bipa, Adeg, Penny und Sutterlüty, beschreitet mit den eigenen Reiseveranstaltern Billa-Reisen, IST-Reisen und Jahn-Reisen einen eigenen Weg bezüglich Gutscheinen: Bis Ende August können sowohl Reisebüro- als auch Direktkunden Reisen unter den normalen Stornobedingungen (das sind meist 20 Prozent des Kaufpreises) wieder stornieren. Diese Stornogebühren werden aber als Guthaben für die nächste Reise bis 31. Oktober 2021 anerkannt. „Wenn einer jetzt schon genau weiß, dass er heuer nicht mehr verreisen will, bekommt er die Stornogebühr für die gebuchte Reise als Guthaben für die nächste Reise 2021 gutgeschrieben“, erklärt Rewe-Vertriebsleiter Bernd Stoisser. „Damit geben wir den Kunden und den Reisebüros etwas Planungssicherheit. Auch für die Reisebüros ist das gut, denn sie bekommen für ihre Stornogebühren die volle Provision. Außerdem profitieren sie von der Kundenbindung, denn der Kunde mit dem Guthaben will ja wieder eine Reise buchen, nur halt ein Jahr später“, meint Stoisser weiter. Ansonsten findet er Gutscheine für Reisebüro-Kunden nur dann sinnvoll, wenn sie insolvenzversichert sind. Das ist aber in der Regel nicht der Fall.

Die Europäische Kommission stellt in diesem Zusammenhang klar, dass Forderungen der Branche, die Erstattungspflicht für wegen der Covid-19-Pandemie entfallenen Pauschalreisen auszusetzen, nicht unterstützt werden. Denn „es muss gleichzeitig der Verbraucherschutz gewahrt werden, zumal die Krise auch viele Verbraucherinnen und Verbraucher trifft“, sagt EU-Justizkommissar Didier Reynders. Gutscheine müssten also ein Angebot sein, für das sich der Kunde freiwillig entscheidet. Hintergrund ist, dass die deutsche Bundesregierung der Branche insofern helfen wollte, als dass Reisebüros den Kunden für bis 8. März gebuchte und teilweise oder ganz bezahlte Pauschalreisen Gutscheine ausstellen sollen, die bis Ende 2021 einzulösen sind. Erst wenn sie nicht in diesem Zeitraum eingelöst werden, muss der eingezahlte Beitrag rückerstattet werden. Diese Vorgehensweise wurde aber von der EU-Kommission nicht gutgeheißen. Inzwischen haben zwar die meisten Reiseveranstalter eingesehen, dass sie ihre Kunden nicht zur Annahme eines Gutscheins zwingen können, locken aber mit Bonuszahlungen. So bieten die großen Reiseunternehmen TUI, FTI und DER Touristik den Kunden – auch in Österreich – bis zu 200 Euro für die nächste Reise an, wenn sie einen Gutschein akzeptieren. Sie sind aber auf Wunsch des Kunden bereit, den eingezahlten Betrag in voller Höhe rückzuerstatten.

Problem Preiserhöhung

Ein weiteres Problem kann sein, dass die gewählte Urlaubsreise ein Schnäppchen war und der dafür ausgestellte Gutschein für eine Reise im nächsten Jahr nicht mehr ausreicht. Denn zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht absehbar, ob nicht gerade am Ende der Corona-Krise die Preise in der Reisebranche aus den verschiedensten Gründen angehoben werden. Das können auch beispielsweise nur die damit verbundenen Flugkosten sein, also Kosten, die das Reisebüro weitergeben muss, um kein Verlustgeschäft zu machen. Damit soll ausgedrückt werden, dass die Ausstellung eines Gutscheins nicht unbedingt einen großen finanziellen Vorteil für ein Reisebüro darstellen muss. 

Von Thomas Langer

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