Lufthansa hält sich trotz Kritik virtuelle Hauptversammlung offen

Kleinaktionäre wollen zurück in die Säle - Lufthansa-Vorstand lässt HV-Format offen - Kritik an Mehrmarken-Strategie
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Die AUA-Mutter Lufthansa lässt sich zum Verdruss zahlreicher Kleinaktionäre für künftige Hauptversammlungen die Option eines virtuellen Formats offen. Die entsprechende Satzungsänderung, nach der die Entscheidung darüber in den kommenden beiden Jahren dem Vorstand überlassen bleibt, nickten die Aktionäre am Dienstag mit einer Mehrheit von gut 84 Prozent ab. Knapp 17 Prozent waren dagegen.

Einige Kleinaktionäre und professionelle Hauptversammlungsredner wie der Berater Matthias Gaebler forderten die Rückkehr zum Präsenztreffen. Ohne Zwischenrufe, Unmutsbekundungen oder Applaus sei das digitale Treffen eine sterile Veranstaltung, sagte Gaebler. Auch Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger appellierte an das Management, zum alten Format zurückzukehren und sich “das unangenehme Vergnügen” zu gönnen, Kritik persönlich ins Gesicht gesagt zu bekommen. Virtueller Austausch sei nur bei Notlagen wie der Corona-Pandemie akzeptabel. “Andernfalls schaden sie mit fadenscheinigen Gründen nur der Aktionärskultur.”

Vor drei Jahren wechselten die Aktiengesellschaften wegen des Ausbruchs der Pandemie von physischen Veranstaltungen mit Tausenden Teilnehmern ins Internet. Mittlerweile ist die Pandemie vorbei, alle Corona-Auflagen entfallen. Doch von den 40 Dax-Konzernen zum Beispiel ist erst ein Dutzend wieder in die Veranstaltungshallen zurückgekehrt. Hauptargument des Lufthansa-Vorstandes ist die Möglichkeit für Aktionäre im Ausland und internationale Investoren, an dem Treffen via Stream teilzunehmen. Allerdings waren laut Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley nur 40 Personen aus dem Ausland zugeschaltet. Von diesen meldete sich niemand zu Wort. Die Möglichkeit, live ihre Meinung kund zu tun und Fragen zu stellen, nahm ein Dutzend Teilnehmende aus Deutschland wahr. Vorab hatten gut 50 Aktionäre fast 250 Fragen eingereicht, die schriftlich beantwortet wurden. Die spontane Antwortrunde von Vorstand und Aufsichtsratschef während der HV fiel deshalb knapp aus. Kley wurde mit 90 Prozent Ja-Stimmen für weitere drei Jahre in den Aufsichtsrat gewählt

Mit Blick auf die Zahl der Teilnehmer war die virtuelle Versammlung wieder besser besucht als Präsenztreffen vor der Corona-Krise. Nach Rückgang in den vergangenen beiden Jahren zählte der MDax-Konzern dieses Mal rund 3000 Teilnehmer. Bei der letzten physischen Zusammenkunft 2019 kamen 1151 Interessierte.

Schriftlich wie mündlich schlug dem Lufthansa-Management in diesem Jahr viel Kritik aus den Reihen der Anteilseigner entgegen. Die Premium-Marke Lufthansa sei durch Abwicklung ihrer Flüge durch die Töchter Eurowings und Eurowings Discover sowie externe Leasing-Airlines verwässert, der Konzern mit elf Flugbetrieben zu komplex, monierten etwa die Fondsgesellschaften Deka Investment und Union Investment. “Der Markendschungel verwirrt die Kunden und birgt erhebliche Reputationsrisiken”, sagte Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich. Konzernchef Carsten Spohr habe “keine klare Strategie”, kritisierte Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei Union Investment. Eine Vereinfachung der komplexen Konzernstruktur sei nicht in Sicht. “Und es ist unklar, ob die Lufthansa sich nun als Billigflieger oder als Premium-Airline positionieren will.

Spohr betonte in seiner Rede, die Strategie mit mehreren Airlines, Marken und Drehkreuzen sei gerade für die Phase der Konsolidierung der europäischen Luftfahrt nach der Pandemie richtig. “Die Vielfalt unserer Airline-Gruppe ist keine Schwäche”, sagte Spohr. “Sie wird immer mehr zu unserem zentralen strategischen Erfolgsfaktor.” Beide Fondsgesellschaften sehen die geplante Übernahme der italienischen ITA Airways, sanierte Nachfolgerin der chronisch defizitären Alitalia, als nächsten Wachstumsschritt skeptisch. Es sei fraglich, warum Lufthansa an einen geschäftlichen Erfolg von ITA glaube, während frühere Eigentümer den Niedergang der Airline nicht hätten stoppen können, sagte Speich. Die Steuerung des weiter wachsenden Konzerns werde deutlich schwieriger. “Wir glauben nicht, dass sich die Übernahme der defizitären italienischen ITA für die Aktionäre auszahlen wird”, warnte Pontzen. “Mehr Komplexität frisst

APA/Red.

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