Wintersport mit Folgen

Skifahren im Oktober? Bauarbeiten am Gletscher? Sind 30.000 Schneekanonen genug? FaktuM zeigt akute Konflikte im Wintertourismus auf.
© WWF/VincentSufiyan

Der Gag ging nach hinten los. Sogar die Kommentatoren von CNN fragten sich: „Können es die Skifahrer wirklich nicht mehr erwarten in Austria?“ Anlass des medialen Kopfschüttelns war das Foto eines weißen Schneebandes, das Mitte Oktober die satt-grüne Landschaft bei Kitzbühel durchschnitt. Bestehend aus Schnee vom Vorjahr, der unter riesigen, weißen Plastikplanen über den Sommer gerettet wurde und den Auftakt zur Skisaison 2019/20 markierte. Motto: Egal wie das Wetter ist, bei uns kann schon jetzt – wenn auch auf einer Mini-Piste – gewedelt werden. Was als Marketing-Coup gedacht war, ging gehörig in die Lederhose. In Zeiten des Klimawandels ist das Publikum sensibler und aufmerksamer geworden. Skifahren bei Temperaturen um die zwanzig Grad? Nein danke, war der einhellige Tenor. Auch weil sich solche kostspieligen Werbemaßnahmen auf die bereits teuren Liftkartenpreise niederschlagen. Kitz ist mit happigen 58 Euro für eine Tageskarte übrigens unangefochten das teuerste Wintersportpflaster des Landes.

Ein paar Tiroler Täler weiter geht ein massiver Konflikt zwischen Umweltschützern und Seilbahnbetreibern im Jänner in die heiße Phase. Die geplante Zusammenlegung des boomenden Skigebiets Ötztal mit dem schwächelnden Pitztal soll mehr Gäste in beide Regionen locken. Was vor vier Jahren geplant wurde, soll im Jänner bei einer Bauverhandlung besiegelt werden. Unter anderen soll in schwindelerregenden 3.200 Metern die Zwischenstation einer Verbindungsbahn entstehen. Dafür muss eine 36 Meter hohe Berggratspitze, das entspricht etwa 120.000 Kubikmetern Fels, abgetragen werden. Ein weiteres ökologisches Schmuckstück der neuen Ski-Schaukel ist ein asphaltierter Teich, geplant als Wasserspeicher zur Versorgung von Schneekanonen. Gleichzeitig muss der Gletscher selbst umgeformt werden. Wo das natürliche Fließen des Eises Abbrüche und Gletscherspalten formt, rücken Bagger an, um eine glatte Pistenlandschaft zu gestalten. Das ist seit langem Alltag in Gletscher-Skigebieten.

Ist die Modellierung einer sensiblen, hochalpinen Gipfellandschaft für die Maximierung von Tourismuseinnahmen ökologisch vertretbar oder bloßer Verbauungswahnsinn? Fakt ist, dass bereits im Jahr 2005 der Bereich um den Gipfel des Linken Fernerkogels, der Berg zwischen Ötz- und Pitztal, vom Land Tirol für eine „skitechnische Erweiterung“ prinzipiell freigegeben wurde. Elf Jahre später reichten die Bauherren in spe mehr als 11.000 Seiten Projektunterlagen und 700 Pläne zur Umweltverträglichkeitsprüfung ein. Sie werden derzeit von 45 Sachverständigen aus 38 Fachbereichen unter die Lupe genommen.

Der Kitzbüheler Marketing-Fauxpas

Das „weiße Band“ und die Gletscherzusammenlegung – kratzen diese beiden Projekte am kostspielig aufgebauten und sorgfältig gepflegten Image Österreichs als Naturland? Tourismusforscher Prof. Peter Zellmann nimmt diesem Argument den Wind aus den Segeln. „Unabhängig davon, wie man das persönlich interpretiert, ist die Wirkung solcher Bilder insgesamt im Positiven wie im Negativen maßlos überschätzt“, meint er. „Das zieht in der Fülle der Informationen und der oft widersprüchlichen Aspekte, die täglich über uns hereinbrechen, vorbei. Das ist ein kurzer Moment der Zustimmung oder Ablehnung. Aber ein prägendes Bild der Einstellung der Österreicher zum Tourismus oder zur Natur ist damit sicher nicht verbunden.“ 

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