Zu viel ist zu viel

Seit 2008 wuchs der Städtetourismus in Europa um fast 60 Prozent. Die nervende Konsequenz dessen: „Overtourism“ oder „Der-eine-steigt-dem-anderen-auf-die-Zehen-Effekt“.
© Leonardo Yip / Unsplash

Massen von Kreuzfahrt-Touristen, die das Zentrum von Venedig oder Barcelona kurzzeitig überfluten. Horden von Busreisenden, die Amsterdam, Salzburg oder auch Hallstatt überrollen. 

Als „Overtourism“ wird eine Entwicklung in der Reisebranche bezeichnet, die Konflikte zwischen Einheimischen und Besuchern an stark besuchten Destinationen im Fokus hat. Ein interessantes Detail am Rande: Im APA-Archiv tauchte der Begriff erst im Sommer 2018 erstmals auf. Seither wird das Phänomen von Tourismusexperten, Betroffenen, Politik und Medien heiß diskutiert. Zuviel ist zu viel, beklagen die Bewohner der betroffenen Tourismusdestinationen. Sie fürchten um ihre Lebensqualität und um die Umwelt. Etwa wegen dem erhöhten Verkehrsaufkommen. Weil Kitsch-Geschäfte überhand nehmen. Oder weil die Tagesgäste die Lokalitäten vor Ort hauptsächlich aufsuchen, um aufs „Häusel“ zu gehen … 

Als neue Reiseweltmeister gelten die Asiaten. Aber auch die Europäer buchen immer mehr Städte- und Kurzreisen. Billigflüge und die Sharing Economy sind Turbos für diese Entwicklung.

Ein zweischneidiges Schwert

Um zunächst in Österreich zu bleiben: In unserer Alpenrepublik ist der Tourismus eine Erfolgsgeschichte, die Vergleichbares sucht. Die 78,1 Mio. bzw. 77,4 Mio Nächtigungen der touristischen Ausnahmejahre 1991 und 1992 könnten heuer übertroffen werden, heißt es in einer Aussendung des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT). Damals waren sie auf den Reiseboom nach der Ostöffnung zurückzuführen. 

„Gemessen am BIP-pro-Kopf-Anteil des Tourismus sind wir Gastgeberweltmeister“, hält Institutsleiter Prof. Peter Zellmann im Gespräch mit FaktuM fest. „Freuen wir uns, dass Overtourism auch in Österreich da und dort überhaupt ein Thema geworden ist.“ 

Trotzdem sei es wichtig, die Grenzen der Belastbarkeit für Mensch (Gastgeber) und Umwelt zu definieren. Und Maßnahmen zur Vermeidung von Überlastungen in Zukunft zu setzen. Zellmann: „Dabei sollte die Politik aber nie aus dem Auge verlieren, dass jeder dritte Arbeitsplatz in Österreich zumindest indirekt mit der Tourismuswirtschaft verbunden ist. Und dass der tatsächliche BIP-Anteil weit über den statistisch nachweisbaren 15 Prozent der Tourismus- und Freizeitwirtschaft liegt.“

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