“Mir zwitschern die Vögel zu laut”

Bewertungsplattformen sind Segen und Fluch zugleich. Die Kommentare sind vielfach gefaket und oft unfair.

Der letzte Sommer woa sehr scheen… Und damit hat es sich auch schon mit der Idylle. Die Bucht war überfüllt, die Liegen waren zu wenige, das Essen eine Zumutung und das Personal – höflich gesagt – undistanziert. Änderungswünsche werden nicht erfüllt. Weder im Hotel noch beim Veranstalter fühlt sich jemand für die Anliegen zuständig. Aber nach dem Urlaub wird man andere davor warnen – mit einer Bewertung dessen, was man hier erleben musste. Denn es geht auch anders…

Kriminelle Energie

Leichter Nebel liegt noch über dem See. Der Morgentau sammelt sich auf den Blättern der Petunien an der Holzbalustrade des Balkons. Während sich die Sonne für den Tag aufwärmt, ist es im Zentrum von Zell am See noch still. Einige Vögel begrüßen zwitschernd den Tag. Der Ort ist ein idyllisches Juwel.

Nur ein Münchner Ehepaar presst sich die Polster an die Ohren, wälzt sich von der einen auf die andere Seite. Nun ist es genug! Jetzt wird abgereist! Die treiben einen in den Wahnsinn – diese Vögel.

Das Ehepaar packt die Koffer und geht zur Rezeption. Dort verlangt man nach dem Geschäftsführer, dem Chef, dem, der hier das Sagen hat. Und dann beschweren sie sich über den tagelangen, von morgens bis abends andauernden Lärm, über das Gezwitscher, von dem man einen Vogel bekommt. Sie wollen ihr Geld zurück! Oder… – Oder? – Oder sie werden ein schlechte Bewertung auf den Bewertungsportalen scheiben. 

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) hat es sogleich als das bezeichnet, was es war: eine Erpressung. Denn ein geforderter Vorteil, verbunden mit der Drohung zu schaden, ist nun einmal genau das. Dennoch versuchen immer wieder Gäste, sich  mittels Bewertungsportalen Vorteile zu verschaffen.

„Gibt man selbst eine Bewertung ab, sollte man wissen, was man
schreiben darf und was nicht“, sagt Dr. Barbara Forster vom Europäischen Verbraucherzentrum in Österreich (EVZ). „Prinzipiell darf ich alles
schreiben, was ich belegen kann. Aber ich darf z. B. nicht schreiben: ‚Das ist ein Betrüger.‘ Auch sich mittels der Drohung, eine schlechte Bewertung abzugeben, Upgrades oder Rückerstattungen verschaffen zu wollen, ist nicht erlaubt“, kommentiert Forster den angeführten Fall.

Dieses Beispiel ist die Spitze des Eisberges, keine Frage. Aber eben die Spitze eines seit Längerem bekannten Phänomens. Die ÖHV beschäftigt sich schon seit Jahren mit diesem Thema: Und auch Reiseveranstalter kennen die Problematik, wenn Gäste plötzlich versuchen, „ein Geschäft zu machen“. Dagegen sollte man unbedingt vorgehen. Bleibt der Gast bei seiner Haltung, sollte der Hotelier sogar die Polizei rufen. Denn schließlich handelt es sich tatsächlich um einen Rechtsbruch.

Berechtigte Gründe

Dass es Anlässe für schlechte Bewertungen gibt, zeigt sich in jedem Urlaubsjahr erneut. Diese können unterschiedlicher Art sein. So wertete der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag der Arbeiterkammer auch 2019 wieder zwischen Mitte Juni und Ende Juli eingegangene Urlaubsbeschwerden aus. Insgesamt waren es 366 Anfragen mit 479 Problemen zum Thema Reisen. Diese reichten von gestrichenen oder verspäteten Flügen über schmutzige Hotels, defekte Ausstattungen und Lärm bis hin zu Internetbetrug mit Ferienhäusern in Spanien, unseriösen Webseiten für Reisedokumente wie Visa und den häufigsten Beschwerden über hohe Check-in-Gebühren.

Während ca. zehn Prozent sich über Leistungsänderungen wie geänderte Abflugzeiten oder Unterkünfte in anderen Hotels als ursprünglich gebucht beschwerten, fanden 13 Prozent in der Art der Leistungen einen Grund zur Beanstandung. Jede dritte Beschwerde drehte sich um die Flüge an den bzw. vom Urlaubsort.

 

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