Mit dem Rücken zur Wand

Ruinöser Preiskampf, ökologischer Druck, drohender Brexit: Die Luftfahrtindustrie erlebt Turbulenzen zu. Aua!
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Manche Events können stark polarisieren. Wo die einen applaudieren, gehen andere in die Luft. So wie garantiert viele Airline-Manager am 11. November im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Dort erfolgte nämlich der Start für die Mitmach-Kampagne „Deutschland fliegt nicht“. Das Ziel lässt kaum Fragen offen: Von 10. bis 16. Februar 2020 sollen möglichst viele Menschen dem Aufruf folgen, private und geschäftlichen Inlands-Kurzstreckenflüge zu canceln.

Initiatoren sind die Vereine Gegenwind 2011 Rhein-Main, Stop-Fluglaerm.de sowie die Initiative Klima-, Umwelt- und Lärmschutz im Luftverkehr. Ihr Appell soll zum Nachdenken anregen und Gewohnheiten ändern. „Wenn viele Menschen teilnehmen und nicht fliegen, erreichen wir mehr, als wenn wir auf Verbote, Verordnungen und Gesetze warten“, sagte Rolf Fritsch, einer der Initiatoren von Gegenwind 2011. Die globale Ankündigung der Kampagne fand am New Yorker Times Square statt – via Schaltung auf dem Reuters-Display, einem der größten Screens der Welt. Auch in den sozialen Medien sorgen die Verantwortlichen für Aufmerksamkeit.

Die Begeisterung der Airline-Manager dürfte überschaubar sein. Das Szenario wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Luftfahrt. Das einstige Prestigeobjekt Fliegen, umgeben von mondänem Charisma und einem Hauch von Luxus, hat reichlich an Glanz verloren. Heute wirkt die Branche wie ein angeschlagener Boxer, dem die Luft auszugehen droht. Selbst wenn kein schwerer Knockout in Sicht ist: Die Welt der Carrier steuert auf Turbulenzen zu. Allerorts herrscht Handlungsbedarf.

Vertrauenskrise

Teilweise steht die Branche durch hausgemachte Probleme mit dem Rücken zur Wand. So bedeutet etwa das Flugverbot für die Baureihe 737 Max von Boeing nach zwei Abstürzen in jeder Hinsicht eine echte Katastrophe. Die Unternehmensberatung AlixPartners bringt es in ihrer Studie auf den Punkt: Das Vertrauen der Verbraucher ist erschüttert. Der Horror wird nicht so rasch abklingen. Neue Anforderungen an die Sicherheitszertifizierungen könnten bald zu enormen strukturellen Herausforderungen führen.

Generell verzeichnen viele der einst so erfolgsgewohnten Fluggesellschaften immer mehr Gegenwind. Geopolitische Risiken sowie steigende Kosten für Arbeit sowie Treibstoff werden sich heuer spürbar auf Umsätze und Margen auswirken. Was nicht zuletzt jene trifft, die abseits der Big Player-Liga Geld verdienen wollen. „Besonders kleinere Airlines werden die Folgen deutlich spüren. Deshalb ist eine Konsolidierung der Branche durch Übernahmen, Fusionen oder Marktaustritte eher kurzfristig als mittelfristig zu erwarten“, warnt Stefan Ohl, Experte von AlixPartners.

37 Insolvenzen

Solche Einschätzungen sind alles andere als Panikmache. Wie die ökonomische Situation beschaffen ist, belegen Zahlen des Fluggastrechteportals FairPlane: Seit 2017 haben 37 Airlines Insolvenz angemeldet. Betroffen waren keineswegs nur prominente Namen wie Air Berlin.

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