Tourismus: Arbeitsmarktgipfel setzt positive Signale zur Beschäftigung

Staatssekretärin Kraus-Winkler lud Sozialpartner und Branchenvertreter um gemeinsam Zukunftsstrategien für den erhöhten Arbeitskräftebedarf im Tourismus zu entwickeln
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Seitens des Staatssekretariats für Tourismus kündigt Kraus-Winkler an, verstärkt Best-Practice-Beispiele vor den Vorhang zu holen und mittels gezielter Förderungen arbeitsmarktpolitische Impulse zu setzen

Der Fachkräftebedarf machen der Gastronomie und Hotellerie schwer zu schaffen. Mit August waren 238.999 unselbstständig Beschäftigte im Tourismus gemeldet. Die offenen Stellen liegen im September bei 12.936 (5.359 in der Beherbergung, 7.577 in der Gastronomie), zeitgleich sind mit zu Ende gehender Sommersaison im August 2022 doppelt so viele Personen arbeitslos gemeldet (25.929 ohne Schulungsteilnehmende). Der Frauenanteil in Beherbergung und Gastronomie betrug im August 2022 56 Prozent und jener der ausländischen Beschäftigten mittlerweile 54 Prozent. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten stieg im August 2022 zum Vorjahr um 4 Prozent, wobei rund zwei Drittel der Teilzeitmitarbeiter weiblich sind.
„Der Tourismus durchläuft eine Transformationsphase, die sich auch am Arbeitsmarkt widerspiegelt: Aktuell gibt es zwar höhere Beschäftigungs- und geringere Arbeitslosenzahlen, aber dennoch mehr offene Stellen als vor der Pandemie. Der Arbeitskräftebedarf ist für die bevorstehende Wintersaison in vollem Gang, aber zählt weiterhin zu den größten Herausforderungen der Branche“, so Staatssekretärin für Tourismus Susanne Kraus-Winkler.

Strukturelle Verbesserungen am touristischen Arbeitsmarkt können nur dann gelingen, wenn sämtliche Tourismus-Stakeholder an einem Strang ziehen. Die Analyse der Ist-Situation zeigt, dass dringend Maßnahmen in drei strategischen Handlungsfeldern erforderlich sind: „Die Arbeitsbedingungen müssen zeitgemäß attraktiviert werden. Derzeit Arbeitssuchende müssen mit Berufsinformationsangeboten und weiteren Anreizen mobilisiert werden und letztendlich geht es darum, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser zu qualifizieren und Ausbildungsmaßnahmen auf allen Ebenen zu modernisieren und voranzutreiben“, so Kraus-Winkler.

IHS-Studie: Der touristische Arbeitsmarkt vor, während und nach der Krise

Klaus Neusser, Direktor des IHS, präsentierte den Zwischenbericht einer Studie zur Entwicklung des touristischen Arbeitsmarkts seit der Pandemie. Diese zeigt, dass es der Branche durchaus gelungen ist, die seit Corona abhanden gekommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückzuholen und auf das Beschäftigtenniveau von 2019 zurückzukehren. Das sei gerade der Kurzarbeit zu verdanken, die im Tourismus gut funktioniert hat. Weltweit, aber gerade auch in Österreich seien für den Tourismus die hohe Fluktuation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die saisonalen Schwankungen typisch. So waren im Jahr 2019 mehr als 500.000 unterschiedliche Personen im Tourismus tätig. Handlungsbedarf verortet die Studie angesichts der deutlich gesunkenen Lehrlingszahlen. Während es 2019 Spitzenwerte von knapp unter 8.000 gab, lagen die Lehrlingszahlen bis August deutlich unter 6.000. Das sei vor allem auch deshalb problematisch, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Lehrabschluss am ehesten dauerhaft in der Branche verbleiben.

Tourismus als attraktiven Arbeitgeber positionieren

Seitens der WKÖ-Obleute Mario Pulker (Gastronomie), Johann Spreitzhofer (Hotellerie) und Gregor Kadanka (Reisebüros) wurde betont, dass die Branchen gerade während der letzten Jahre erhebliche Verbesserungen erzielt haben. So verweisen sie auf eine Reihe von Projekten, die Betriebe informieren und inspirieren, sich als Arbeitgeber den Herausforderungen des heutigen Arbeitsmarktes anzupassen. Von der Politik fordern die WKÖ-Vertreter unter anderem ein modernisiertes Aushilfskräftemodell sowie eine Modernisierung der steuerlichen Sachbezugsregeln, insbesondere bei Mitarbeiterwohnungen und Kinderbetreuungszuschüssen. Zudem solle der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen vorangetrieben werden.
Von den Gewerkschaftsvertretern Berend Tusch (vida), Andreas Gollner (vida) und Andreas Laaber (GPA) wurde kritisiert, dass ein Kriterienkatalog fehle, der gute Arbeitgeber ausweist. Zudem müsse die Branche die Weichen in Richtung besserer Vereinbarkeit von Job und Familie bzw. Freizeit stellen. Daneben fordern die Gewerkschaftsvertreter die Realisierung eines Sozial-, Aus- und Weiterbildungsfonds sowie die Verstärkung der Qualitätssicherungsmaßnahmen im Lehrlingsbereich und ebenfalls eine Überarbeitung steuerlicher Sachbezugsregeln. Neben diesen inhaltlichen Anregungen drängt die Gewerkschaft auf einen nachhaltig wirkenden Ausgleich der Teuerung für die Beschäftigten.

Wie der Tourismus neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen kann

Susanne Dungl (AMS Österreich) setzt darauf, Betriebe bei der Personalsuche zielgerecht zu unterstützen: Von Informationen über den jeweiligen regionalen Arbeitsmarkt, über gute Betreuung bis hin zu Tipps für Betriebe für einen erfolgreichen Onboardingprozess. In den letzten Jahren haben Tourismusbetriebe rund 750 Impulsberatungen zur Professionalisierung ihrer Personalarbeit in Anspruch genommen und damit ihre Personalarbeit professionalisiert und an Arbeitgeberattrakivität gewonnen.
Nach Walter Veit (Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung) tragen vor allem Investitionen in Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zeitgemäße Mitarbeiterunterkünfte sowie attraktive Freizeit- und Weiterbildungsangebote dazu bei, Personen zum Wechseln in die Branche zu motivieren. Mitarbeiterführung und -entwicklung, gerade bei Lehrlingsausbildern und angehenden Führungskräften, stehen ebenso im Mittelpunkt der zukunftsfähigen Mitarbeiterstrategien im Tourismus.

Die Tourismusausbildung der Zukunft

Jürgen Kürner (Sprecher der Tourismusschulen) verweist auf die rund 8.000 Schülerinnen und Schüler an 28 Standorten, die derzeit an Tourismusschulen ausgebildet werden. Lehrpläne, sollen praxisnah und zukunftsorientiert weiterentwickelt werden, um etwa mit der fortschreitenden Digitalisierung, Schritt zu halten.
Gerold Royda (Bundesausbildungsleiter) weiß aus seiner Arbeit im Lehrlingswesen, dass weitere Qualitätsoffensiven im Lehrlingswesen in den nächsten Jahren wesentlich für eine erfolgreiche Lehrlingsausbildung sind. Jüngste Beispiele für erfolgreiche erste Maßnahmen waren die Evaluierung der Berufsbilder sowie die Schaffung des neuen Lehrberufs „Hotel- und Restaurantfachmann bzw. -frau“. Erfreulich sei, dass im September ein Lehrlingszuwachs von 30 Prozent zu verzeichnen war.

Seitens des Staatssekretariats für Tourismus kündigt Kraus-Winkler an, verstärkt Best-Practice-Beispiele vor den Vorhang zu holen und mittels gezielter Förderungen arbeitsmarktpolitische Impulse zu setzen. Die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung soll ab 2023 zu Verbesserungen bei der Errichtung von Mitarbeiterquartieren sowie von Räumlichkeiten zur Kinderbetreuung führen. Zeitgleich sollen Konzepte zur Qualitätssicherung im Lehrlingswesen, zu einem modernen Aushilfskräftemodell sowie zu einem Saisonverlängerungsmodell entwickelt werden. Letzteres kann in Zweisaisonbetrieben ein Zwischenschritt am Weg zur anzustrebenden Ganzjahresbeschäftigung sein.

 

PA/ Red.

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