Erschließung Ötztal und Pitztal in der Kritik

Der Bau von drei Seilbahnen, die die beiden Skigebiete verbinden sollen, ist aus Sicht des Umweltschutzes umstritten.
© WWF / Vincent Sufiyan

Linker Fernerkogel

Es ist ein touristisches Megaprojekt, das in Sachen Umweltschutz weitreichende Folgen haben wird. Seit mehreren Jahren ist die Eheschließung der prestigeträchtigen Skigebiete Sölden und Pitztal geplant. 64 zusätzliche Pistenkilometer sollen den Wintergästen so mit nur einer Liftkarte zur Verfügung stehen. Rund € 120 Mio. würde das Projekt kosten.

Die „Allianz für die Seele der Alpen“ – bestehend aus Alpenverein, Naturfreunden und WWF Österreich – warnt vor den langfristigen Folgen von weiterer massentouristischer Verbauung und Naturzerstörung. Für Prestigeprojekte wie die Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal wird kostbare Landschaft für immer zerstört, der Bodenverbrauch ist enorm. Daher muss die ungebremste Expansion von Skigebietsfläche mit verbindlichen Ausbaugrenzen eingedämmt werden“, fordern Alpenverein-Generalsekretär Robert Renzler und WWF-Alpenschutzexperte Josef Schrank.

Nur noch sieben Prozent der österreichischen Staatsfläche sind heute weitgehend naturbelassen und unerschlossen. Drei jetzt noch unberührte Gletscher könnten schon bald aus dem Prozentsatz gestrichen werden. Die Fakten: 35.000 Kubikmeter verbauter Beton, Sprengung und Abtrag von über 750.000 Kubikmeter Gestein, Erde und Eis, mehr als 116 Fußballfelder permanenter Flächenverbrauch. Zusätzlich zu drei Seilbahnen und einem Skizentrum, werden ein Speicherteich zur technischen Beschneiung von 10 Hektar benötigt. Ohne Frage regnet es hier mächtig Kritik. Größter Garant für Ärger ist aber die angebliche Sprengung am Linken Fernerkogel. Hier soll die Mittelstation der Seilbahn nach Sölden ihren Platz finden. Der Gipfel ist dabei im Weg und muss weichen – heißt es zumindest in den meisten Medien. Nun melden sich die Bergbahnen Sölden zu Wort. Bei dem Gipfel handele es sich keinesfalls um den Gipfel des Linken Fernerkogels. Tatsächlich sei dies eine namenlose Gratspitze, die um 36 Meter begradigt werden soll. Richtig ist laut Bergbahnen, dass der Bereich rund um den Linken Fernerkogel seit 2005 mit einer raumordnungstechnischen Widmung des Landes Tirol für eine skitechnische Erweiterung prinzipiell freigegeben ist.

Nicht nur Fauna und Flora hätten dennoch laut Deutschem (DAV) und Österreichischem Alpenverein (ÖAV) Einbußen zu verzeichnen. Auch der Sommertourismus wäre ein „absoluter Verlierer“. Noch führt die „Königsetappe“ des Europäischen Fernwanderweges E5 durch das Gebiet. Die Alpenvereine fürchten einen gravierenden Attraktivitätsverlust, wenn 80 Meter hohe Seilbahnstützen und künstliche Planierungen Einzug halten.

Petition gegen Verbauung

In rund einem Monat starten die mündlichen Verhandlungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). 45 Sachverständige beim Amt der Tiroler Landesregierung erstellen derzeit ihre Fachgutachten in 38 Fachbereichen. Bis zum Bescheid wollten die Bürgerinitiative Feldring und der Tiroler Gerd Estermann allerdings nicht warten. Auf mein.aufstehn.at starteten sie die Petition „Nein zur Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal!“, die bislang über 43.000 der angestrebten 45.000 Unterschriften erreichte. „Gletscher sind ein Relikt der Eiszeit und ein beeindruckender Teil der hochalpinen Natur. Sie sind ein äußerst sensibles Ökosystem und ein wertvolles Trinkwasserreservoir für große Einzugsgebiete. Angesichts ihres rasanten Rückganges in den vergangenen Jahrzehnten ist dem Schutz noch naturbelassener Gletscherlandschaften unbedingte Priorität einzuräumen“, appeliert der Petitionsinitiator.

Kommenden Februar/März 2020 wird die Abteilung Umweltschutz des Amts der Tiroler Landesregierung voraussichtlich die finale Einschätzung über die Umweltverträglichkeit bekanntgeben. Im Falle einer Genehmigung haben Umweltschutzverbände die Möglichkeit, Klage bzw. Beschwerde einzulegen.

APA/PA/red

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