Triest – Stadt der Winde

Coronabedingt erleben die nahe zu Österreich gelegenen Destinationen eine neue Blüte. So auch Triest, die italienische Sehnsuchtsstadt zwischen Karst und Adria.
© Adobe Stock

Der „Canal Grande“ in der einstigen habsburgischen Hafenstadt Triest

I rgendwie bläst da immer der Wind. Doch während uns an der Côte d’Azur nur der Mistral zusetzt (und der ist einschätzbar ablandig und vertschüsst sich angeblich spätestens nach vier Tagen) hat Triest gleich vier Winde zu bieten: Nämlich die Bora, den Libeccio, den Scirocco und den Mistral.

Triest haben wir immer sträflich vernachlässigt. Venedig den Vorzug gegeben. Und irgendwie ist es sich immer nur auf eine Stippvisite ausgegangen. Nie für einige längere Tage.

Jetzt haben wir – da Triest bei flotter Fahrweise in nur schlanken fünfeinhalb Fahrstunden von Wien aus erreichbar ist und im eigenen Fahrzeug keine Maskenpflicht herrscht – die alte Stadt neu entdeckt. Mit ihren 41 Museen, ihren 60 Geschäfts- und Gastronomielokalen, mit sieben Friedhöfen und der größten Schauhöhle der Welt. Der Grotta Gigante, deren Gesamtlänge 380 Meter und deren Tiefe 160 Meter umfasst. 

Historisch war Triest für die Donaumonarchie immens wichtig. Denn die Stadt an der Adria nahe Slowenien erbat schon 1382 bei Leopold III. in Graz den Schutz der Habsburger. Natürlich gegen die damals schon verhassten und mächtigen Venezianer. 1662 erhielt die Stadt dann den Status eines Freihafens. Sprich – dort fiel kein Zoll an. Ab 1730 wurde die Stadt umgebaut und erneuert, dann von Napoleon besetzt. 1833 entsteht aus dem Zusammenschluss von sieben Versicherungen (unter anderem der Generali) der Österreichische Lloyd, aus dem später die größte Reederei Österreichs und des gesamten Mittelmeers wird.1857 verbindet die Südbahn nach ihrer Eröffnung Triest perfekt mit dem Hinterland der Monarchie. Und 1866 dann schließlich eine Sternstunde des österreichischen Militärs: Admiral Tegetthoff besiegt in der Seeschlacht bei Lissa die überlegenen Italiener. Als 1896 der Suezkanal, der Triest das Tor zur Welt auftat, eröffnet wurde, machte Kaiser Franz Josef I. ziemlich ekelhafte Erfahrungen: Man hievte den Monarchen an Bord seines Schiffes (die Strickleiter wollte man ihm nicht zumuten) und prompt knallte er mehrfach gegen die Außenwand des Bootes. Gut informierte Monarchisten wissen, dass wohl dies der Grund war, warum sich Franz Josef niemals in Marineuniform zeigte. 1895 wurde dann die Austro-Americana gegründet, die sich auf Routen über den Atlantik spezialisierte und bis 1914 etwa eine Viertelmillion Immigranten in die USA brachte. Und schließlich 1918, am Ende des Ersten Weltkrieges, versenkten italienische Taucher das Flaggschiff der österreichischen Kriegsmarine, die „Viribus Unitis“, im Hafen von Pula. Damit war Schluss mit unserem Meer. Seither ist Österreich ein armseliges Binnenland.

Triest hat unglaublich viel zu bieten. Gastronomisch etwa die „Enoteca Sgonico“. Patron Mitja Riolino erwartet uns in seinem Lokal. Auf die Frage nach einer Speisekarte werden wir vertröstet. Und dann geht’s Schlag auf Schlag: Ein Gang nach dem anderen kommt heran, zehn Gänge vom Feinsten. Mit Muscheln, mit weißen und schwarzen Trüffeln, mit Pasta, mit Austern. Den Preis wollen wir nicht nennen. Aber mit Weinbegleitung, Dessert und einem feinen Grappa steht noch immer ein Einser vor der dreistelligen Zahl. Und das will bei einem derartigen Angebot etwas heißen. 

Das kulinarische Erbe Österreichs lässt sich in Triest wohl am besten in den Buffets bei allerlei Schweinsgerichten erleben. 50 kleine Lokale sind in der ganzen Stadt verteilt – meistens werden die dargebotenen Köstlichkeiten im Stehen serviert. Da gibt es Sauerkraut, Kaisersemmeln mit Beinfleisch, Gurkerl und Kren, Schinken, Geselchtes, Würstel, gegrillten Fisch und Gulasch. Und all das zu einem unvorstellbar günstigen Preis. 

Aber Triest ist auch die Stadt der Gärten. In Miramare, nur wenige Minuten vom Zentrum der Stadt erreichbar, hat Maximilian I. von Mexiko ein unvorstellbares Juwel geschaffen. Der Park um die weiße Villa, die man ursprünglich nur vom Meer aus erreichen konnte, sucht seinesgleichen. Treppen, Terrassen, dahinter eine romantische Waldlandschaft – es ist doch einiges übriggeblieben von den Ideen des genialen Botanikers Erzherzog Maximilian. Heutzutage ist es etwas mühevoll, dort hinzukommen: Kaum Parkplätze, meistens Stau, dennoch lohnt ein Besuch.

Von Christian W. Mucha

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