Wiens „Kultur-Euro“ bringt Hotellerie zum Schäumen

Laut Kulturstadträtin Kaup-Hasler wäre eine Tourismusabgabe zur Finanzierung kultureller Angebote überlegenswert.

15.04.2025 16:45
Redaktion
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Touristin vor der Hofburg in Wien

In der Wiener Kulturpolitik sorgt derzeit ein neues Konzept für Diskussionen: Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat sich für die Einführung eines sogenannten „Kultur-Euro“ ausgesprochen. Dabei handelt es sich um eine geplante Abgabe, die Touristen bei Nächtigungen in der Stadt entrichten sollen. Das Ziel dahinter: die Einnahmen sollen direkt zweckgewidmet für Kunst und Kultur verwendet werden.

Abgabe auf Nächtigungen

Wien verzeichnet seit Monaten steigende Nächtigungszahlen. Die Stadt gilt international als kultureller Hotspot. Museen, Theater, Opern und Festivals zählen zu den Hauptgründen für Städtereisen. Kultur sei ein zentraler Motor für den Tourismus, betont Kaup-Hasler. Daraus ergebe sich die logische Frage, ob dieser Bereich nicht stärker vom wachsenden Gästeaufkommen profitieren sollte. Die Einführung eines „Kultur-Euro“ sei daher „absolut überlegenswert“, wie die Stadträtin betonte. Ein fälliger Betrag könnte pro Übernachtung zu Buche schlagen – etwa ein Euro pro Nacht und Gast – was einem Kultur-Euro sehr nahe käme. Die genaue gesetzliche Ausgestaltung und der Zeitpunkt einer möglichen Einführung sind allerdings derzeit offen. Die Einnahmen sollen zweckgebunden verwendet werden und direkt dem Kulturbudget der Stadt Wien zugutekommen. Ein vergleichbares Modell existiert in einigen europäischen Städten bereits, wo Teile der Tourismusabgaben ebenfalls für kulturelle oder infrastrukturelle Maßnahmen verwendet werden. In Wien wäre es das erste Mal, dass eine derartige Abgabe explizit für Kunst und Kultur reserviert würde.

Reaktionen und Einordnung

Die Ankündigung fällt in eine Phase intensiver kulturpolitischer Debatten. Zwar wurde in den vergangenen Jahren das Kulturbudget Wiens sukzessive erhöht, gleichzeitig betonen Interessenvertretungen und Kunstschaffende regelmäßig, dass Mittel fehlen – insbesondere im freien Bereich und bei der Nachwuchsförderung. Kaup-Hasler sieht den Kultureuro als ergänzendes Finanzierungsinstrument, nicht als Ersatz bestehender Fördertöpfe. Kritiker monieren jedoch, dass es bislang weder einen konkreten Umsetzungsplan noch detaillierte Berechnungen gibt. In einem Gespräch mit FaktuM spricht Oliver Schenk, Public Affairs Österreichische Hotelvereinigung, an, dass aufgrund der fehlenden Details nicht einmal klar ist, wer wirklich zahlen muss: „Betrifft das beispielsweise auch Business-Gäste, die aufgrund einer Konferenz in Wien nächtigen?“ Auch wurde die Frage aufgeworfen, ob eine zusätzliche Belastung für Touristen angesichts ohnehin gestiegener Preise sinnvoll sei.

Wahlkampfthema mit Potential

Die Diskussion um den Kultureuro steht wohl auch im Kontext des Wiener Gemeinderatswahlkampfs. Kaup-Hasler, die seit 2018 für die Kulturpolitik der Stadt verantwortlich ist, wirbt mit Projekten wie neuen Kulturankerzentren in den Bezirken und mehr Raum für digitale Kulturformen. Die Tourismusabgabe wäre ein nächster Schritt, Kulturfinanzierung auf breitere Beine zu stellen. Ob dies auch ein Signal an die Bundesregierung ist, in der die SPÖ ebenfalls das Kulturressort übernommen hat, scheint logisch. Alexander Ipp, Landesvorsitzender der Österreichischen Hotelvereinigung Wien, sieht Kaup-Haslers Äußerungen jedenfalls den kommenden Wien-Wahlen geschuldet: „Der Wahlkampf ist themenarm. Da versucht man im Wahlkampf-Finish, in die Medien zu kommen. Das ist gelungen.“

Kultur-Euro unangemessen

Die Forderung nach einem Kultur-Euro wird von Ipp inhaltlich als nicht gelungen beurteilt. Es sei unangemessen, Geld von Personen zu verlangen, die nicht wahlberechtigt seien – das wirke wenig durchdacht und billig. Außerdem würden viele Gäste ohnehin bereits ein vielfältiges Kulturangebot in Anspruch nehmen, von der Staatsoper bis hin zu Kleinkunstbühnen. Der Kultur-Euro wird von der Österreichischen Hotelvereinigung als kontraproduktiv eingeschätzt, da Österreich international einen guten Ruf bezüglich dem Tourismus genießt. Statt neuer Belastungen seien vielmehr gezielte Förder- und Entlastungskonzepte gefragt. Ein Sprecher der Wirtschaftskammer Wien gibt gegenüber FaktuM an, dass sich die Wirtschaftskammer die Vorschläge zum Kultur-Euro genauer anhören möchte, bevor sie darüber urteilt. Bis mehr Informationen bekannt sind, ist die Suppe zu dünn.

(red)

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