Alcatraz: Vom Museum zurück zum Gefängnis
Was San Francisco touristisch aufgibt und warum Wien keine Sorge vor US-Filmproduktionen haben muss.

San Francisco steht vor einer Zäsur: Mit der angekündigten Wiedereröffnung von Alcatraz als Hochsicherheitsgefängnis droht der kalifornischen Metropole der Verlust einer ihrer bekanntesten Touristenattraktionen. US-Präsident Donald Trump will die historische Inselanlage wieder für „Amerikas gefährlichste und gewalttätigste Kriminelle“ nutzen – und sie sogar ausbauen. Das touristische Wahrzeichen, das jährlich Millionen Besucher anzieht, könnte damit bald der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sein.
Alcatraz ist weit mehr als ein Ort der Geschichte. Die Gefängnisinsel war Symbol für Härte und Isolation – aber auch für dramatische Fluchtversuche, Legenden wie Al Capone und zahllose Filmklassiker. Seit der Schließung 1963 wurde der Ort zu einem Museum, Mahnmal und Magnet für internationale Touristen. Sollte sich Trumps Ankündigung umsetzen, wäre das nicht nur ein sicherheitspolitisches Signal, sondern auch ein touristischer Rückschritt von internationaler Tragweite.
Eine Stadt im touristischen Sinkflug
Alcatraz wäre nicht der erste Verlust, den San Francisco in jüngster Zeit hinnehmen müsste. Die einst pulsierende Waterfront rund um Fisherman’s Wharf verkommt zunehmend zur Geisterkulisse. Traditionslokale wie Alioto’s (geschlossen 2022 nach 97 Jahren), Pompei’s Grotto oder Lou’s Fish Shack sind nicht wieder eröffnet worden. Auch Madame Tussauds San Francisco hat im Sommer 2024 seinen Betrieb eingestellt. Wo früher Krabben dampften und Straßenmusiker spielten, herrscht heute vielerorts gähnende Leere.
Dazu kommt ein massives Obdachlosenproblem, das insbesondere in Zentrumsnähe und touristischen Gebieten das Stadtbild prägt. Steigende Kriminalität, hohe Lebenshaltungskosten und eine spürbare Abwanderung klassischer Innenstadtbetriebe sind symptomatisch.
Filmkulisse auf dem Abstellgleis
Noch in den 1970er-Jahren war San Francisco eine der gefragtesten Filmkulissen der USA. Mit Serien wie „Die Straßen von San Francisco“ wurde die Stadt auch in Österreich zum Begriff – kaum ein Fernsehzuschauer, der Karl Malden und Michael Douglas nicht kannte. Hollywood liebte die steilen Straßen, die Golden Gate Bridge und das ikonische Stadtbild zwischen Nebel, Bucht und Hügeln.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Steigende Produktionskosten, zunehmende Auflagen, Sicherheitsprobleme und ein angeschlagener Ruf schrecken heute viele internationale Drehteams ab. Produktionen wie „Matrix Resurrections“, die noch 2021 in San Francisco gedreht wurden, sind zur Ausnahme geworden. Streamingdienste und Filmstudios ziehen inzwischen lieber nach Atlanta, Budapest oder Vancouver – günstiger, einfacher, kontrollierbarer.
Trumps Zoll-Drohung
Abseits der Tourismuspolitik sorgt Trump auch international für Stirnrunzeln – diesmal mit Blick auf die Filmbranche. Er kündigte an, einen 100-Prozent-Zoll auf alle außerhalb der USA produzierten Filme einzuführen. Ziel: ausländische Produktionen unattraktiv machen und Hollywood vor vermeintlicher „Propaganda“ und „Subventionstricks“ schützen. Die Begründung: Nationale Sicherheit.
Ein solcher Schritt würde vor allem europäische Filmstandorte treffen – auch Wien.
Wien: Kein Grund zur Panik
Tatsächlich wirbt die Bundeshauptstadt seit Jahren mit großzügigen Fördermodellen für internationale Filmproduktionen. Doch trotz einzelner Drehs (z. B. “Mission: Impossible 5”, 2015) bleiben US-Großproduktionen in Wien die Ausnahme. Das zeigt auch der Blick auf den 25. Jahresbericht des Filmfonds Wien: Zwar steigen die ausgeschütteten Fördersummen jährlich, doch die rückgeflossenen Mittel – also der wirtschaftliche Erfolg aus geförderten Produktionen – sind seit 2021 rückläufig.
Spitz formuliert: Hollywood war nie Stammgast in Wien – und wird es auch mit oder ohne Trump-Zoll kaum sein.
Ein Mythos verliert Gäste
Alcatraz als Gefängnis statt Museum, Fisherman’s Wharf als Geisterkulisse und eine Stadt, die nicht mehr glänzt wie früher: San Francisco verliert mehr als nur Touristen – es verliert seine kulturelle Aura.
Währenddessen zeichnet sich international eine neue Art von Isolationismus ab: Politisch, wirtschaftlich und kulturell. Die Wiederbelebung eines Gefängnisses und die Abschottung der Filmbranche sind dafür zwei starke Symbole.
(red)