Das Grand Hotel Wien gerät unter Druck

Ein Konkursverfahren über die Eigentümergesellschaft wurde eröffnet – das Hotel bleibt vorerst in Betrieb.

21.05.2025 11:15
Redaktion
© KMW
Grand Hotel Wien

Mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens über die Erste Wiener Hotel-Aktiengesellschaft, Eigentümerin des Grand Hotel Wien, gerät das österreichische Prestigeprojekt von Mohamed Bin Issa Al Jaber erneut in die Schlagzeilen. Die Insolvenz wurde am 12. Mai 2025 bekannt gegeben und betrifft damit ein weiteres Mal ein zentrales Element im Hotelportfolio des saudisch-österreichischen Unternehmers. Mit Verbindlichkeiten von mehr als 100 Millionen Euro ist es ein wirtschaftlicher Rückschlag, der auch das Image Al Jabers in Österreich erneut belastet. Zwar betont er, dass der laufende Hotelbetrieb nicht betroffen sei – dennoch stellt sich die Frage, wie nachhaltig die wirtschaftliche Aufstellung der Gruppe tatsächlich ist.

Konkurs auf Holding-Ebene

Die Insolvenz betrifft nicht das Grand Hotel Wien selbst, sondern die dahinterstehende Eigentümergesellschaft, die Erste Wiener Hotel-Aktiengesellschaft. Diese fungiert als Holdingstruktur für das Objekt in der Wiener Kärntner Ringstraße. Laut ersten Einschätzungen handelt es sich bei der Zahlungsunfähigkeit um strukturelle Finanzierungsprobleme, nicht um eine unmittelbare operative Krise des Hotels.
Branchenkenner sehen darin dennoch ein Warnsignal: Die Komplexität der Eigentümerstruktur und die wiederholt auftretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Umfeld von Al Jabers Unternehmen werfen Fragen nach langfristiger Planung und Kapitalhinterlegung auf. Bereits in der Vergangenheit hatte es Berichte über ausstehende Zahlungen, stillstehende Bauprojekte und juristische Auseinandersetzungen im Umfeld seiner Hotel- und Immobiliengruppe gegeben.

Wie das Nachrichtenmagazin profil berichtet, entfallen über 90 Millionen Euro der Verbindlichkeiten auf die Raiffeisen Bank International. Zudem seien Mieteinnahmen bereits gepfändet worden, nachdem mehrere Gläubiger Exekutionstitel erwirkt hätten. Diese Angaben werfen ein zusätzliches Licht auf den finanziellen Druck, unter dem die Holding steht.

Grand Hotel Wien als Marke unter Druck

Das Grand Hotel Wien zählt zu den traditionsreichsten Häusern der Bundeshauptstadt. Nach aufwendiger Renovierung wurde es in den 1990er Jahren als Luxushotel wiedereröffnet und war lange Zeit Aushängeschild der Jumeirah Group. Unter Al Jabers Führung wechselte das Haus mehrfach die organisatorische Anbindung, firmierte zuletzt unter dem Dach der JPI Hospitality und wurde als eigenständiges Luxushotel weitergeführt. Trotz laufendem Betrieb und guter Auslastung steht die Marke nun erneut unter dem Schatten finanzieller Unsicherheit.

Für den Wiener Tourismus ist das ein unerfreuliches Signal. Die Branche hofft auf eine rasche Lösung im Insolvenzverfahren, die den Hotelbetrieb nicht gefährdet und die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden sichert. Laut Angaben der bisherigen Eigentümerstruktur soll der Betrieb bis auf Weiteres ohne Einschränkungen fortgeführt werden.

Der schillernde Scheich

Mohamed Bin Issa Al Jaber ist ein Name, der in Österreich seit Jahrzehnten für Aufsehen sorgt – sei es durch spektakuläre Hotelkäufe, internationale Geschäftsanbahnungen oder wirtschaftliche Turbulenzen. Der saudisch-österreichische Geschäftsmann mit Wohnsitz in London hat sich in Europa ein weit verzweigtes Firmenimperium aufgebaut – mit Investments in Hotellerie, Gastronomie, Immobilien und Finanzdienstleistungen. Zugleich ist er eine jener Unternehmerpersönlichkeiten, die mediale Präsenz nicht scheuen.

Businessman mit Signalwirkung

2002 erwarb Al Jaber das traditionsreiche Grand Hotel Wien von der japanischen Airline ANA – und sorgte damit in der österreichischen Hotelbranche für Aufsehen. Der Einstieg eines arabischen Investors in die Wiener Luxushotellerie wurde als Zeichen einer positiven „Globalisierung“ gewertet. Al Jaber versprach Investitionen, Renovierungen und internationale Strahlkraft für das Haus an der Ringstraße. Tatsächlich blieb das Grand Hotel Wien über zwei Jahrzehnte unter seiner Ägide ein fester Bestandteil des touristischen Spitzensegments – auch wenn sich hinter den Kulissen Probleme anbahnten.

Vielschichtiges Imperium

Al Jabers geschäftliches Netzwerk ist komplex. Unter dem Dach der JPI Hospitality Group vereinte er zahlreiche Hotelbeteiligungen, darunter neben dem Grand Hotel Wien auch das Palais Schwarzenberg und weitere Objekte in Frankreich, Großbritannien und im Nahen Osten. Parallel dazu engagierte er sich über die MBI International Group in der internationalen Finanz- und Immobilienbranche.
Auch die Gastronomie war ein Teil seiner Strategie. Die von ihm gegründete “The Living Circle”-Initiative wollte exklusive kulinarische Erlebnisse mit Hotellerie verbinden. Immer wieder fiel Al Jaber durch ambitionierte Projekte auf, etwa geplante Luxushotels in Osteuropa oder Investitionen in Tourismusregionen, die jedoch nicht immer Realität wurden.

Trotz großem Auftritt blieb der unternehmerische Erfolg nicht konstant. Immer wieder kam es zu wirtschaftlichen Unregelmäßigkeiten, gescheiterten Übernahmen und Rechtsstreitigkeiten – etwa mit der österreichischen AUA, der Bank Austria oder dem damaligen Hotelpartner Kneissl. Die jüngste Entwicklung reiht sich in diese Geschichte ein: Am 12. Mai 2025 wurde über die Erste Wiener Hotel-Aktiengesellschaft, Eigentümerin des Grand Hotel Wien, das Konkursverfahren eröffnet.

Zwischen Vision und Realität

Mohamed Bin Issa Al Jaber ist vieles – ein Investor mit internationalem Renommee, ein Förderer interkultureller Bildungsprojekte, ein Sammler von Prestigeobjekten, aber auch eine Person mit einem unsteten wirtschaftlichen Track Record. Während das Grand Hotel Wien vorerst weitergeführt wird, bleibt unklar, wie sich Al Jabers Einfluss auf die österreichische Hotellandschaft künftig entwickelt.

(red)

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