Lieferando: Modellwechsel bei den Verträgen

Der Lieferdienst möchte über 600 Stellen abbauen und künftig auf freie Dienstverträge umsteigen.

19.03.2025 10:59
red02
© Adobe

Lieferando, einer der führenden Anbieter im österreichischen Essenszustellmarkt, kündigt eine bedeutende Änderung seiner Arbeitsmodelle an. In den kommenden Wochen wird das Unternehmen von einer Vielzahl an Anstellungsverhältnissen auf freie Dienstverträge umstellen. Dies betrifft vor allem die rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer, die derzeit im Angestelltenverhältnis tätig sind. Die Entscheidung, die auch etwa 600 Kündigungen zur Folge hat, ist eine Reaktion auf die bisher erfolglosen Verhandlungen um einen Kollektivvertrag (KV) für Fahrradboten.

Umstellung auf freie Dienstverträge

Lieferando erklärte, dass die Umstellung auf freie Dienstverhältnisse ein Schritt sei, um sich an den österreichischen Branchenstandard anzupassen. „Künftig werden wir mit freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern zusammenarbeiten“, so Lieferando-Sprecherin Katrin Wala. Der Grund für diese Veränderung sei eine „sorgfältige Evaluierung“ des Logistikmodells. Während der Kollektivvertrag für die Boten in Österreich nicht zu den lukrativen gehört, bot er dennoch einige Vorteile wie bezahlten Urlaub und Zuschläge für Sonntagsarbeit. Ein freier Dienstvertrag hat den Nachteil, dass soziale Absicherungen fehlen. Auch klare Arbeitszeitregelungen fallen weg, was zu finanzieller Unsicherheit und einem erhöhten Risiko von Ausbeutung führen kann.

Wettbewerb und Konkurrenz

Im Gegensatz zu Foodora und Wolt hat Lieferando in Österreich bislang überwiegend festangestellte Boten beschäftigt. Bei Lieferando ist die Umstellung eine Reaktion auf die Wettbewerbsbedingungen. Das Unternehmen erklärt, dass es mit dem bisherigen Modell in direktem Wettbewerb zu anderen Anbietern benachteiligt wurde, da diese dem KV-Modell nicht folgten.

Hunderte Fahrer betroffen

Die Umstellung auf freie Dienstverträge wird weitreichende Auswirkungen auf die Belegschaft haben. Rund 600 Fahrerinnen und Fahrer werden ihre Arbeitsplätze verlieren, ebenso wie etwa 65 Mitarbeiter an den Lieferando-Standorten in Wien und anderen Bundesländern.

Lukas Hammer, Verkehrssprecher der Grünen, bezeichnete den Schritt als „Armutszeugnis“. In seiner Stellungnahme kritisierte er das Modell der freien Dienstnehmer, da es die Nachteile der Selbstständigkeit mit den Nachteilen der Plattform-Abhängigkeit kombiniere. Auch die Gewerkschaft vida äußerte Bedenken und warnte vor einer Zunahme von Scheinselbstständigen und prekären Arbeitsverhältnissen in der Branche.

Forderung nach Veränderung

Die Umstellung von Lieferando auf freie Dienstverträge steht im Kontext einer breiteren Debatte über Arbeitsbedingungen im Plattformsektor. Gewerkschaften und Politiker fordern eine Reform der Arbeitsmarktregeln, um die Rechte der Beschäftigten zu stärken und die Risiken für Fahrerinnen und Fahrer abzumildern. Besonders im Paket- und Kleintransportmarkt sei es notwendig, die aktuellen Rahmenbedingungen zu überdenken.

(APA/red)

 

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