Günstig urlauben laut Statistik – teuer laut Erfahrung
Die Statistik Austria bilanziert hohe Kaufkraft in osteuropäischen Urlaubsländern für österreichisches Geld.

Die jüngsten Zahlen der Statistik Austria zeigen: Wer seinen Sommerurlaub im Ausland plant, soll in Ländern wie der Türkei, Bulgarien oder Rumänien besonders viel für sein Geld bekommen. Demnach entsprechen 100 Euro in der Türkei touristischen Leistungen im Gegenwert von 194 Euro in Österreich. Auch Spanien, Griechenland oder Italien gelten laut dieser Berechnung als günstiger.
Doch die Realität für Reisende zeigt ein differenzierteres Bild. Vor allem in der Türkei berichten Urlauber in sozialen Medien und Erfahrungsforen regelmäßig von ungewöhnlich hohen Preisen – insbesondere für Restaurantbesuche oder Alltagsausgaben in touristischen Zentren. Einzelrechnungen mit 10-Euro-Cappuccini oder 100-Euro-Abendessen für zwei Personen kursieren online ebenso wie Beschwerden über unerwartete Servicegebühren oder deutlich überhöhte Taxitarife.
Durchschnitt versus Realität
Der Grund für diese Diskrepanz liegt im Berechnungsmodell der Statistik Austria: Es handelt sich um einen Kaufkraftvergleich auf Basis durchschnittlicher Preisniveaus in der jeweiligen Volkswirtschaft – also ein Wert, der auf dem nationalen Schnitt von Waren- und Dienstleistungspreisen basiert. Teils fließen auch Wechselkursentwicklungen ein, insbesondere in Ländern mit starker Inflation wie der Türkei.
Was diese statistische Betrachtung nicht abbildet, sind die regionalen Preisunterschiede innerhalb eines Landes – vor allem in touristisch stark nachgefragten Regionen. In Badeorten wie Bodrum, Marmaris oder Antalya können Speisen und Getränke in Strandnähe oder Hotelumgebung deutlich teurer sein als in weniger frequentierten Teilen des Landes. Hinzu kommen währungsbedingte Schwankungen, Preisaufschläge für Touristen sowie eine intransparente Preispolitik in vielen Urlaubsregionen.
Nur „statistisch günstig“
Auch in anderen Reiseländern zeigt sich ein ähnliches Muster. So spricht die Statistik Austria für Kroatien von einer Kaufkraft von 121 Euro bei einem österreichischen Gegenwert von 100 Euro – eine moderate Ersparnis. Doch angesichts der Preisentwicklung an der Adriaküste, insbesondere in den Sommermonaten, empfinden viele Urlaubende kaum noch einen finanziellen Vorteil. Gleiches gilt für Italien, das mit einem Indexwert von 109 Euro ebenfalls günstiger erscheint – allerdings vor allem durch niedrigere Preise im Landesinneren, nicht an den touristischen Hotspots.
Island und Schweiz bleiben teuer
Am oberen Ende der Skala bleibt das Bild hingegen konsistent: Die teuersten Reisedestinationen sind laut Statistik Island, die Schweiz und Norwegen – eine Einschätzung, die auch subjektive Urlaubserfahrungen meist bestätigen.
Der Vergleich hinkt
Die Zahlen der Statistik Austria bieten eine grobe Orientierung bei der Urlaubsplanung, ersetzen aber keine konkrete Recherche zu Unterkunftspreisen, Restaurantkosten oder regionalen Preisniveaus. Wer sparen möchte, sollte nicht nur das Zielland, sondern auch die konkrete Urlaubsregion und Saison sorgfältig wählen – und Erfahrungsberichte anderer Reisender in die Entscheidung einbeziehen.
(APA/red)