EU präsentiert Pfad für nachhaltigen Tourismus

Die Kommission legt erstmals ein Strategiepapier vor – aber keine greifbare Maßnahme auf Betriebsebene.

09.05.2025 12:59
Redaktion
© Lukasz Kobus
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton

Mit dem „Übergangspfad für den Tourismus“ hat die Europäische Kommission ein zentrales Strategiepapier vorgestellt, das die Weichen für die Transformation einer der bedeutendsten Branchen Europas stellen soll. Der Pfad wurde in enger Zusammenarbeit mit Tourismusakteuren, Zivilgesellschaft und Sozialpartnern erarbeitet und umfasst zentrale Handlungsfelder, die die europäische Tourismuswirtschaft widerstandsfähiger, klimafreundlicher und technologisch anschlussfähig machen sollen.

27 Handlungsfelder

Der „Transition Pathway“ listet 27 Bereiche auf, in denen konkrete Maßnahmen gesetzt werden sollen – darunter Investitionen in Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung und Qualifizierung. Ziel ist es, Tourismusbetriebe bei der Senkung von Emissionen, der Verbesserung von Ressourceneffizienz und beim Aufbau digitaler Infrastrukturen zu unterstützen. Die Kommission betont die Bedeutung von Kooperation über nationale und sektorale Grenzen hinweg.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton bezeichnete die Initiative bei ihrer Präsentation als „Agenda für das kommende Jahrzehnt des europäischen Tourismus“ und rief die Branche zur aktiven Mitgestaltung auf. Eine begleitende Online-Plattform soll Beiträge und Best Practices aus ganz Europa sammeln, vernetzen und sichtbar machen.

Beteiligungsprozess mit Symbolkraft

Die Entwicklung des Übergangspfads begann 2021 mit Konsultationen und Workshops, in denen Stakeholder Szenarien und Erwartungen diskutierten. Die Kommission sieht darin einen Meilenstein kooperativer Politikgestaltung, der auch auf andere Industrieökosysteme übertragen werden soll – etwa Mobilität oder Bauwirtschaft. Im Unterschied zu früheren Brüsseler Strategiepapieren hebt sich der Pfad durch seinen partizipativen Entstehungsprozess hervor.

Antworten auf die Gretchenfrage

Viele Fragen bleiben offen: Wieviel EU-Geld wurde bislang in den Prozess investiert? Welche konkreten Projekte oder digitalen Tools sind daraus entstanden – und was ist davon bereits im realen Tourismusalltag angekommen? Wer sich eine praxisnahe, produktive Umsetzung erhofft, sucht derzeit vergeblich nach belastbaren Ergebnissen.

Ein Workshop hier, ein Webinar da, ein Meeting dort – aber keine greifbare Maßnahme auf Betriebsebene. Die aufwendige Konsultation mündete in ein Dokument mit vielen Absichtserklärungen.

Doch pauschale Kritik an der EU-Bürokratie greift zu kurz. Denn der Übergangspfad für den Tourismus ist Teil eines längerfristigen politischen Prozesses, der auf Dialog und freiwillige Beteiligung setzt. Was es nicht leichter macht: in einem heterogenen Wirtschaftsraum mit über 27 Mitgliedstaaten und tausenden Stakeholdern. Dass dabei zunächst ein gemeinsames Zielbild, ein strategischer Orientierungsrahmen formuliert werden, ist notwendig.

Seit dem Auftakt im Juni 2021 wurden zahlreiche Akteure eingebunden: Reiseverbände, Technologieanbieter, NGOs, lokale Tourismusorganisationen. Die inhaltliche Breite des Pfades – von Kreislaufwirtschaft über Fachkräftequalifikation bis hin zu digitaler Infrastruktur – zeigt, dass die Kommission das Thema Nachhaltigkeit systematisch beackert.

Die Gretchenfrage lautet daher nicht: „Braucht es diesen Pfad?“ Sondern: Wie gelingt es nun, ihn mit konkreten Projekten vom Strategiepapier in die Praxis zu überführen und welche Ernte erwartet uns?

Solange die EU-Kommission keine brauchbaren Antworten auf diese Fragen liefert, bleibt der Pfad vor allem eines: ein strategischer Prozess mit politischer Symbolkraft – aber bislang unklarer Wirkung im operativen Alltag.

(red)

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