Flughafen Wien verwirft Projekt nach über 20 Jahren

Der Flughafen Wien beendet die Planung der dritten Piste und setzt stattdessen auf den Ausbau des bestehenden Zwei-Pisten-Systems.

26.11.2025 9:20
red04
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Nach Neubewertung aller relevanten Faktoren wurde sich gegen eine dritte Piste entschieden.

Die Flughafen Wien AG hat beschlossen, das seit Jahrzehnten geplante Projekt einer dritten Start- und Landebahn nicht weiterzuverfolgen. Ausschlaggebend war eine umfassende Neubewertung aller relevanten Faktoren. Trotz der Absage sieht sich der Flughafen weiterhin gut aufgestellt: Mit dem Ausbau der Terminalkapazitäten und dem bestehenden Zwei-Pisten-System sollen künftig bis zu 52 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden können.

Weniger Bedarf, höhere Kosten

Die prognostizierten Baukosten von rund zwei Milliarden Euro gelten inzwischen als wirtschaftlich nicht vertretbar. Gleichzeitig haben sich die betrieblichen Rahmenbedingungen verändert. Moderne, größere Flugzeuge ermöglichen eine deutlich höhere Auslastung pro Flugbewegung: 2005 lag der Durchschnitt bei 71 Passagieren, 2024 bereits bei 139. Dieser Effizienzgewinn reduziert den Bedarf an zusätzlicher Pistenkapazität.

Widerstand und Unsicherheit

Ein weiterer zentraler Faktor war die Haltung der wichtigsten Airline-Partner, die dem Projekt, ebenso wie Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen, kritisch gegenüberstanden. Ohne Refinanzierung durch höhere Tarife wäre eine wirtschaftliche Basis nicht gegeben gewesen. Erschwerend kam die rechtliche Unsicherheit hinzu: Seit 17 Monaten wartet der Flughafen auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über ein Rechtsmittel im Verfahren zur Bauzeitverlängerung. Diese Verzögerung stellte das Projekt zusätzlich infrage.

Wirtschaftliche Folgen

Der Flughafen richtet seinen Fokus nun auf die Weiterentwicklung der bestehenden Infrastruktur. Das Pistenprojekt bleibt langfristig jedoch nicht ausgeschlossen; bei künftigem Bedarf könnte nach einem neuen Genehmigungsverfahren erneut darüber entschieden werden. Die Entscheidung hat auch bilanziellen Einfluss. Zahlungen aus dem Mediationsvertrag an Umweltfonds und Anrainergemeinden, die zwischen 2018 und 2020 geleistet und projektbezogen aktiviert wurden, müssen mit 55,9 Millionen Euro wertberichtigt werden – dies erfolgt ohne Auswirkungen auf die Liquidität. In der Folge passt die Flughafen Wien AG ihre Ergebnisprognose für 2025 an und erwartet nun ein Nettoergebnis vor Minderheiten von rund 210 Millionen Euro statt der bisher angenommenen 230 Millionen. Gleichzeitig zeigt sich die Verkehrsentwicklung zuletzt besser als prognostiziert, was sich positiv auf die Bilanz auswirkt.

Strategischer Kurswechsel

Mit der Absage des Projekts orientiert sich der Flughafen Wien neu: Er setzt auf Ausbau und Modernisierung des Bestehenden statt auf ein milliardenschweres Neubauprojekt. Dennoch bleibt offen, ob die dritte Piste langfristig tatsächlich Geschichte ist – denn die Option, das Projekt in Zukunft unter anderen Bedingungen wieder aufzunehmen, bleibt bestehen.

(PA/red)

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