Landeshauptleute fordern Neuregelung für Trinkgeld

Quer durch die Bundesländer formiert sich Rückhalt für eine abgabenfreie Lösung zugunsten der Gastronomie.

26.05.2025 16:25
Redaktion
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Reizthema Trinkgeld

Die Diskussion um die Behandlung von Trinkgeld durch den Staat nimmt Fahrt auf. Ausgelöst durch Medienberichte über hohe Nachforderungen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und den wachsenden Anteil von Kartenzahlungen, fordern nun mehrere Landeshauptleute parteiübergreifend eine Neuregelung zugunsten der Gastronomie.

Befreiungsschlag gefordert

Anlass war ein Vorstoß von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in der „Kronen Zeitung“. Sie sprach sich für eine vollständige Befreiung von Steuern und Abgaben auf Trinkgeld aus – als Signal für mehr Leistungsanerkennung und geringere Abgabenlast. Unterstützung kommt nicht nur aus anderen ÖVP-geführten Ländern wie Salzburg, Oberösterreich und Vorarlberg, sondern auch aus der SPÖ: Sowohl Hans Peter Doskozil (Burgenland) als auch Peter Kaiser (Kärnten) fordern eine faire Lösung.

Signalwirkung für die Branche

Für viele Beschäftigte im Tourismus und in der Gastronomie ist das Trinkgeld ein wesentlicher Bestandteil des Einkommens – insbesondere in der aktuellen Personalsituation. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten könne man, so Doskozil, „nicht auf dem Rücken der Beschäftigten zusätzliche Belastungen aufbauen“. Auch NEOS-Staatssekretär Sepp Schellhorn – selbst langjähriger Gastronom – verweist auf seinen schon vor Jahren bekanntgegebenen Vorschlag zur Entlastung.

In einer aktuellen Stellungnahme begrüßte Schellhorn die Debatte und betonte, dass es erfreulich sei, dass Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartnerparteien ÖVP und SPÖ nun endlich seinen jahrelangen Vorschlag aufnehmen. Als ehemaliger Unternehmer und Arbeitgeber weiß er, wie wichtig das Trinkgeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. Es ist ein wesentlicher Teil des Einkommens und eine direkte Wertschätzung der Gäste. Hier noch einmal Belastungen on top zu packen, ist der falsche Weg.

Uneinheitliche Praxis

Derzeit gelten unterschiedliche Regelungen je nach Bundesland und Branche. In vielen Fällen wird eine pauschale Abgabe eingehoben, etwa in Wien rund 60 Euro monatlich für Kellnerinnen und Kellner. Überschreitungen unterliegen der vollen Sozialversicherungspflicht – was bei höheren Trinkgeldbeträgen zu realen Einkommensverlusten führen kann.

Die türkis-rot-pinke Koalition hat im Regierungsprogramm angekündigt, diese Praxis zu evaluieren und zu vereinheitlichen. Auch WKÖ-Präsident Harald Mahrer unterstützt Mikl-Leitners Linie, Trinkgeld zur Gänze abgabenfrei zu stellen.

Grundlage des Einkommens?

Trinkgeld ist eine freiwillige Geste – so wird es gerne dargestellt. In der Praxis aber ist es längst ein einkalkulierter Lohnbestandteil. Was als Zeichen der Wertschätzung gedacht ist, wird zur Finanzierungslücke, die der Gast schließen soll. Der Betrieb wird entlastet, der Mitarbeiter ein wenig – doch der Staat geht bei einer solchen Regelung leer aus.

Wenn Politik und Interessensvertreter nun fordern, diese Beträge gänzlich von Abgaben zu befreien, dann zementiert man eine neue Realität: Betriebe bauen Trinkgeldzahlungen fest in ihre Lohnkalkulation ein – ohne steuerliche Verantwortung übernehmen zu müssen.

Und was passiert, wenn der Gast kein Trinkgeld gibt? Wenn er – aus Prinzip oder weil es finanziell knapp ist – einfach die Summe am Beleg belässt? Dann entsteht ein Ungleichgewicht: Der Mitarbeiter hat mit dem Zuschlag gerechnet, der Betrieb auch. Und die Stimmung kippt.

Deshalb könnten wir uns womöglich bald mit US-amerikanischen Verhältnissen konfrontiert sehen – wo Servicekräfte mit Nachdruck auf ihr Trinkgeld bestehen müssen, weil der Grundlohn das Überleben nicht sichert.

Für den Mitarbeiter, der auf Trinkgeld angewiesen ist, bedeutet der Vorstoß der Landespolitiker jedenfalls gute Nachrichten. Ihnen bleibt mehr Geld im Börsl – aber nur wenn’s Ihnen der Wirt nicht wieder nimmt.

Für den Mitarbeiter, der auf Trinkgeld angewiesen ist, bedeutet der Vorstoß der Landespolitiker jedenfalls gute Nachrichten. Es bleibt mehr im Börsl – vorausgesetzt, es wird nicht an anderer Stelle wieder “ausgeglichen”, weil’s ja sonst nicht für alle gerecht wäre ….

(red)

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