Planet der Plastik-Plage

Die Folgen der Vermüllung der Meere sind für Mensch, Tier und Tourismus verheerend.
© pixabay/kakuko

Ein Paar steht an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Schweigend sehen die beiden auf ein in allen Farben des Regenbogens leuchtendes Meer hinaus. Einzig ein weiter entferntes Boot zieht kurzfristig eine wasserblaue Schneise in die Oberfläche. Den Blick weiterhin auf den Ozean gerichtet, sagt die Frau endlich zu ihrem Mann: „Ich würde nur blaue Plastiktüten zulassen.“ Die Karikatur mit dem Titel „Grüße von der Meeresdeponie“ zeichnet sich wie die meisten ihrer Art durch schwarzen Humor aus. Überzeichnet? Vielleicht. Wer sich aber mit der Realität des Klimawandels und der Verschmutzung der Weltmeere auseinandersetzt, dem bleibt das Lachen nicht mal mehr im Hals stecken. Dem ist es längst vergangen.

In den 1950er-Jahren wurden etwa 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert. Heute sind es um die 300 Millionen Tonnen. Ein großer Teil davon landet im Meer. Etwa 75 Prozent der bis zu zehn Millionen Tonnen Müll, die jährlich in die Ozeane gespült werden, bestehen aus Kunststoff. Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) treiben inzwischen auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche bis zu 18.000 Plastikteile unterschiedlichster Größe. Kaum vorstellbar und trotzdem nur die Spitze des Eisbergs: Über 70 Prozent der Abfälle sinken unentdeckt auf den Meeresboden. Phänomene wie hydrografische Wirbel oder „Müllstrudel“ sammeln überdimensionale Abfallteppiche an. Ein bekannter ist der „Great Pacific Garbage Patch“ zwischen Hawaii und Kalifornien. Dieser ist inzwischen auf die Größe Mitteleuropas gewachsen. Forscher haben kürzlich außerdem errechnet, dass im Jahr 2050 mehr Plastik in den Meeren schwimmen könnte als Fische. Plastikmüll hat eine Lebensdauer von bis zu 450 Jahren und landet schleichend als Mikroplastik auch in unserer Nahrungskette. Damit ist Plastik in den Ozeanen eine Bedrohung für das fragile Ökosystem, ebenso aber auch für uns Menschen. Dennoch ist kein Ende dieser Verschmutzung in Sicht. Denn wer fühlt sich wirklich verantwortlich für das Problem? Bestenfalls zögerlich sind politische Maßnahmen zur Lösung der Situation. Doch es gibt engagierte Organisationen, die mit kreativen Ideen, Initiativen und Projekten erste Hilfe leisten und daran arbeiten, die Meere vom Müll zu säubern. 

The Ocean Cleanup

Es ist das wohl bekannteste Meeressäuberungs-Projekt der Welt ist „The Ocean Cleanup“, das von dem jungen Niederländer Boyan Slat ins Leben gerufen wurde. Über 100 Forscher arbeiteten an der Machbarkeitsstudie mit dem Schluss, dass das Projekt lohnend sei. Die Idee kam dem Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik bei einem Urlaub in Griechenland, wo er beim Tauchen mehr Müll als Fische entdeckte. Mit einem „Meeresstaubsauger“ wollte der Initiator die Ozeane in großem Stil wenigstens von dem Müll befreien, der auf oder nahe der Wasseroberfläche schwimmt. Dabei werden die Strömungen der Ozeanstrudel genutzt, um den Abfall in die langen, v-förmig angeordneten, schwimmenden Fangarme der Maschine zu treiben. Anschließend wird der Müll von einer zentralen, am Meeresboden fixierten Plattform eingesammelt und an Land recycelt. 

Healthy Seas

Als Abfall zurückgelassene Fischernetze sind eine echte Bedrohung für das Leben der Meeresbewohner und das Ökosystem der Ozeane. Studien zufolge machen 640.000 Tonnen Fischernetze ein Zehntel aller Meeresabfälle aus. Oft sind sie für den unbeabsichtigten Fang und daraus meist resultierenden Tod von Delfinen, Schildkröten, Meeresvögeln und vielen anderen Arten verantwortlich. Eine Initiative zur Verbesserung dieser Situation ist das holländische „Healty Seas“-Projekt. Dabei handelt es sich um ein Joint Venture aus der NGO ECNC Land & Sea Group und zwei Textilunternehmen – dem Polyamidhersteller Aquafil und dem Sockenproduzent Star Sock. Die Idee: Taucher entfernen die „Geisternetze“ aus den Meeren. Diese werden in weiterer Folge zu speziellen Nylongarnen recycelt. Aus den wiederverwerteten Fasern werden dann nachhaltige Bademode, Unterwäsche, Socken, Teppiche und andere Textilprodukte gefertigt. So wird einerseits eine gesündere Meeresumwelt geschaffen und zeitgleich für die Themen Umweltschutz und Recycling sensibilisiert. 

Pacific Garbage Screening

Mit der Frage, wie wir den Plastik-Abfall aus unseren Weltmeeren bekommen, hat sich auch die Aachener Architektin Marcella Hansch auseinandergesetzt. Sie kam auf eine revolutionäre Idee, die sie im Zuge ihrer Diplomarbeit entwickelte: eine schwimmende Plattform, deren spezielle Bauweise es ermöglichen kann, Plastikpartikel aus dem Wasser zu filtern. Mit Hilfe eines passiven Sedimentierungsprinzips funktioniert der Ansatz ohne Netze. Durch diese Methodik werden Meereslebewesen nicht gefährdet. Noch befindet sich das Projekt in der Bau- und Entwicklungsphase, der erste Prototyp soll zeitnah realisiert werden.
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