„Flugschämen bringt nichts“

Tourismusforscher Peter Zellmann im FaktuM-Gespräch über Overtourism und Reiseverbote.
© Institut für Freizeit- und Tourismusforschung

Im Kontext mit Overtourism und Umweltschutz werden plötzlich auch Flug- und Fernreisen negativ konnotiert. Unter dem Motto: Fliegen ist böse. Fernreisen sind böse. Macht das Sinn?

Ich glaube nicht, dass Maßnahmen wie Flugverbote, Reiseverbote, die Menschen wirklich erreichen würden. Da ist der Wunsch der Vater der Gedanken. Urlaub ist die populärste Form von Glück, die emotional gleich nach Weihnachten für die Menschen angesiedelt ist. Da ist man von der Ratio her, vom Hirn her, vielleicht durchaus bereit zu sagen: Ja, es ist in Ordnung, sich einzuschränken. Die Einstellung der Bevölkerung liegt hier bei zirka 50:50.

Aber wenn es einen dann selber betrifft, für seine 14 Tage Urlaub oder diesen einen Städtetrip, den man sich schon so lange vorgenommen hat: Da werden die Leute sagen „Da flieg ich jetzt hin. Das ist besonders günstig. Wenn ich die Reise nicht antrete, tu’s wer anderer …“ Das lassen sie sich nicht ausreden. Sehr wohl steuern kann man über den Preis.

Wie das?

Wenn der Flug billiger ist, als die Fahrt zum Flughafen, dann ist das ein Unding. Ein dekatentes Unding. Wenn man beispielsweise auf eine Kerosinsteuer statt auf eine allgemeine CO2-Steuer setzen würde, hebt man den Flugpreis auf ein Niveau an, dass dann wirklich die Bahn – zumindest im Umkreis von 500 bis 1000 Kilometern – als eine echte Alternative erscheinen lässt. Das halte ich schon für eine sehr vernünftige Lösung.

Für Mensch und Umwelt sind Belastungsgrenzen entstanden. Sich dagegen zu wehren ist legitim. Und das geht in unserer Marktwirtschaft, auf die wir ja berechtigterweise so stolz sind, ausschließlich über den Preis.

Prof. Dr. Peter Zellmann leitet das IFT – Institut für Freizeit- und Tourismusforschung in Wien.

 

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