Schanigärten – Wiener Innenstadt-Bezirke erbost über Neuregelung

Open-Air-Areale dürfen künftig das ganze Jahr offen halten - Innenstadt, Josefstadt und Neubau beklagen Nicht-Einbindung und fordern Zonenmodell - Rot-Pink wies Kritik zurück
©unsplash

Wiener Bezirke machen gegen die neue Wiener Schanigartenregelung mobil. Diese sieht vor, dass die gastronomischen Open-Air-Areale künftig ganzjährig geöffnet bleiben dürfen. Die Bezirksvorsteher des ersten, siebenten und achten Bezirks – also Innere Stadt, Neubau und Josefstadt – üben harsche Kritik an den Plänen. Sie warnen vor einer einseitigen Nutzung des öffentlichen Raums und beklagen, dass sie nicht eingebunden wurden.

Die Neuregelung wird morgen, Donnerstag, im Landtag beschlossen. Künftig darf draußen serviert werden, ohne dass zwischen Sommer- und Winterbetrieb unterschieden wird. Stadt und Wirtschaftskammer Wien haben sich zuletzt auf eine entsprechende Regelung geeinigt. Genaugenommen handelt es sich um die Fortschreibung einer Sondererlaubnis. Denn während der Coronapandemie war der Weiterbetrieb über den Winter bereits möglich.

Vor Corona konnten Lokale Winter- und Sommerschanigarten nur in unterschiedlicher Größe errichten und separat bewilligen lassen. Mit der neuen Regelung ist der nötige Auf- und Abbau nun Geschichte.

Drei Bezirksvorsteher haben sich nun im Rahmen eines Medientermins an die Öffentlichkeit gewandt: Markus Figl (ÖVP, Innere Stadt), Markus Reiter (Grüne, Neubau) und Martin Fabisch (Grüne, Josefstadt). Kolleginnen oder Kollegen der SPÖ waren nicht dabei – obwohl auch in deren Bezirken Unmut herrscht, wie zumindest die anwesenden Bezirkschefs versicherten. City-Vorsteher Figl verwies auf den “sehr großen Nutzungsdruck”, unter dem der öffentliche Raum stünde.

Es bestehe die Gefahr, dass die öffentlichen Flächen übertrieben in Anspruch genommen würden. “Wir sitzen alle gerne im Schanigarten”, versicherte er. Durch eine durchgehende Öffnung würden Freiräume, die es bisher noch im Winter gegeben habe, aber stark eingeschränkt. Es drohe nun etwa die Gefahr, dass die Gastgärten in der kalten Jahreszeit zu Lagerflächen würden, auch wenn es hier Kontrollen geben solle.

Neubaus Bezirksvorsteher Reiter warnte – gemeinsam mit dem Obmann der Neubauer Kaufleute, Kurt Wilhelm – unter anderem vor gravierenden Auswirkungen etwa auf den Handel. Der Geschäftsmix und die Balance des Angebots sei in Gefahr. Er prophezeite, dass Neuvermietungen in Erdgeschoßzonen verstärkt nur mehr an Gastlokale erfolgen würden. Denn der Umsatz dort sei höher, erst recht, wenn Schanigärten das ganze Jahr über offen halten dürften.

“Man hat uns im Vorfeld nicht nach unserer Expertise gefragt”, zeigte sich auch der Josefstädter Bezirksvorsteher Fabisch enttäuscht. Er sei nun etwa gegenüber Bezirksbewohnern im Erklärungsnotstand, denen er versichert habe, die Regelung sei pandemiebedingt nur temporär. Für die angekündigten Kontrollen, so befürchtet Fabisch zudem, gibt es bei der Stadt zu wenig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gefordert wird von den drei Bezirkschefs ein flächendeckendes Bewirtschaftungs- und Zonierungsmodell, wie es vereinzelt im 1. Bezirk schon umgesetzt wurde. Dieses solle etwa generelle Freihalteflächen ausweisen. Dadurch könne der Druck auf den öffentlichen Raum, der durch die Dauerbelassung erhöht werden würde, reguliert werden, zeigte man sich überzeugt.

Die rot-pinke Rathauskoalition wies die Vorhalte umgehend zurück – samt der Vermutung, dass parteipolitische Motive hier eine Rolle spielen. So ortete etwa der Vorsitzende des Finanzausschusses, SPÖ-Gemeinderat Kurt Stürzenbecher, “ungerechtfertigte Kritik”. Das Angebot sei in den vergangenen Jahren gerne genutzt worden, gab er zu bedenken.

“Während eines guten Essens draußen zu sitzen und die Atmosphäre unserer schönen Stadt zu genießen, macht Schanigärten zu einem besonderen Erlebnis.” Die Winter- und Sommerschanigärten müssten jetzt nicht mehr gesondert genehmigt werden, dies reduziere die Kosten und die “Verwaltungslast”, hob Stürzenbecher hervor. Zugleich habe man aber auch die Betriebspflicht verschärft.

Der Wirtschaftssprecher der Wiener NEOS, Markus Ornig, kann die Kritik laut eigenen Angaben ebenfalls nicht nachvollziehen: “Von der ÖVP bin ich gewohnt, dass sie Wien eher als Museum, denn als pulsierende Metropole sieht – bei den Grünen ist mir das aber neu.” Das Argument, dass die Regelung dem Handel schade, ließ er nicht gelten. Gerade die betreffenden Bezirke würden von den Menschen leben, die durch ihre Straßen flanieren, dort einkaufen oder sich im Schanigarten verabreden, zeigte er sich überzeugt.

APA/Red.

Gefällt Ihnen der Beitrag?
Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram
WhatsApp
Email
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner