Tiroler Zillertalbahn soll künftig mit Wasserstoff fahren

Regierungsbeschluss nachdem Projekt zuletzt stockte - Bekam Vorzug vor Bahn mit Oberleitung
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Die Schienen für die Tiroler Zillertalbahn als künftige Wasserstoffbahn dürften gelegt sein. Die schwarz-rote Landesregierung fasste in ihrer Sitzung am Dienstag einen Grundsatzbeschluss auf Dekarbonisierung und Umrüstung der schmalspurigen Bahn auf Wasserstoffantrieb, wie in einer Aussendung mitgeteilt wurde. Nun soll ein “gesamthaftes Konzept” ausgearbeitet und Verhandlungen mit dem Bund hinsichtlich der Mitfinanzierung aufgenommen werden.

Zuletzt war von geschätzten Mehrkosten bis zu 180 Mio. Euro, gerechnet auf 30 Jahre, im Vergleich zu einer Bahn mit Oberleitung die Rede gewesen. Das Projekt, das unter anderem von Zillertaler Verkehrsbetriebe AG-Aufsichtsratsvorsitzendem und Wirtschaftsbundchef Abg. Franz Hörl vorangetrieben worden war, geriet ins Wanken. Im Zillertal wuchs der Unmut, Hörl ließ diesen mehrmals freien Lauf in Richtung Landhaus. Doch nun machte Schwarz-Rot offenbar doch Nägel mit Köpfen.

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) ließ wissen, dass man die Mehrkosten bewusst in Kauf nehme und sprach von einer “bewussten Entscheidung für Innovation und Fortschritt”. Tirol müsse beim Thema Wasserstoff Vorreiter werden. Die Mehrkosten würden 2,7 Mio. Euro pro Jahr betragen. Und der Landeschef machte gegenüber dem ORF Tirol klar, dass man in der Region zu einem Gutteil selbst dafür aufkommen wird: “Dazu wissen wir, dass es eine starke Unterstützung aus dem Zillertal gibt. Zweieinhalb Millionen Euro werden jährlich von den Tourismusverbänden des Zillertals eingebracht.” In dem “gesamthaften Konzept” sollen nun “sämtliche rechtlichen, zeitlichen und finanziellen Ausgestaltungen festgelegt werden, um einen schnellstmöglichen Fortschritt bei der Umsetzung der Wasserstoffbahn sicherzustellen”.

In Sachen Mitfinanzierung nimmt Tirol indes den Bund in die Pflicht. Schließlich habe man sich im türkis-grünen Regierungsprogramm auch dazu bekannt. Die Verhandlungen mit dem Bund zur Mitfinanzierung würden umgehend aufgenommen, hieß es. “Wir wissen, dass Innovationen auf den ersten Blick mehr Kosten als Standardprodukte verursachen und es bei neuen Wegen immer unbekannte Abzweigungen gibt. Am Ende überwiegen aber die Vorteile und das Zukunftspotenzial. Dafür braucht es auch die Unterstützung des Bundes”, meinte Mattle in Richtung Wien.

Auf der 32 Kilometer langen Strecke der Zillertalbahn sollen jährlich 900.000 Liter Diesel eingespart werden. Wann die Zillertaler “Wasserstoffbahn” tatsächlich in Betrieb gehen soll, darauf wollte sich die Landesregierung vorerst nicht festnageln lassen. Im Zillertal visierte man zuletzt das Jahr 2027 an.

SPÖ-Verkehrslandesrat René Zumtobel begrüßte die erfolgte Grundsatzentscheidung. Nun gehe es darum, die Lieferverträge für die Fahrzeuge zu finalisieren sowie den Instandhaltungsvertrag auszuschreiben. Die Kosten für die Garnituren sollen rund 100 Mio. Euro betragen.

Fast euphorisch die Reaktionen der beiden Landeshauptmannstellvertreter, Georg Dornauer (SPÖ) und Energiereferent Josef Geisler (ÖVP). Ersterer sprach von “besten Voraussetzungen”, die man in Tirol für eine mutige und innovative Energiepolitik habe. Zweiterer von einem “Meilenstein für nachhaltige Mobilität im Zillertal.”

Nicht minder euphorisch Hörl selbst, der ein “grünes Licht für ein neues Mobilitätszeitalter” und ein “Jahrhundertprojekt” ortete. Die Landesregierung würde einen “mutigen und zugleich sachlich durchdachten Schritt gehen”.

Ganz und gar nicht begeistert hingegen die Opposition: FPÖ-Verkehrssprecherin Evelyn Achhorner fürchtete einen “sorglosen Umgang mit Steuergeldern”. Anstatt das zukünftige Antriebssystem der Zillertalbahn technologieoffen zu suchen, habe man sich jetzt auf Wasserstoff festgelegt. Liste Fritz-Klubchef Markus Sint nannte den “Wasserstoffzug” eine “sündteuere Fehlentscheidung”.”Die schwarz-rote Landesregierung ist vor den Zillertaler ÖVP-Talkaisern und Touristikern eingeknickt. Mattle, Dornauer und Co. haben das Heft des Handelns abgegeben und lassen sich in ein Millionen-Experiment treiben, das die Steuerzahler teuer zu stehen kommt”, prophezeite Sint in einer Aussendung. Die Strecke der Zillertalbahn mit vielen Haltestellen sei “gerade nicht” für den Einsatz eines Wasserstoffzuges geeignet. “Die Strecke ist dagegen wie geschaffen für eine Elektrifizierung mittels Oberleitung”, argumentierte der Klubobmann.

Grünen-Klubobmann Gebi Mair sprach von “180 Millionen Mehrkosten ohne zusätzlichen Nutzen” und gab zu Protokoll: “Die Regierung von Anton Mattle zeichnet sich offenbar hauptsächlich dadurch aus, möglichst viel Steuergeld zu versenken.” Die schwarz-rote Landesregierung sei “offenbar Nationalrat Franz Hörl auf den Leim gegangen.”

Die Zillertaler Verkehrsbetriebe AG betreibt die Zillertalbahn, zahlreiche Buslinien und weitere Busangebote. Die ZVB AG mit dem Firmensitz in Jenbach beschäftigt derzeit 163 Mitarbeiter. Hauptaktionäre sind die Gemeinden des Zillertals und die Marktgemeinde Jenbach.

APA/Red.

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