Tourismus hungert nach ausländischen Fachkräften
Das beschlossene Kontingent für die Saison 2025/2026 ist manchen Vertretern viel zu hoch angesetzt.

Im Ringen um Fachkräfte im Tourismus prallen derzeit zwei Realitäten aufeinander: Betriebe, die dringend Personal suchen – und politische Stimmen, die den steigenden Anteil ausländischer Arbeitskräfte kritisch sehen.
Mit Beginn der Saison 2025/2026 dürfen österreichweit rund 8.000 Saisonarbeitskräfte aus Drittstaaten beschäftigt werden – aufgeteilt auf ein allgemeines Kontingent und zusätzliche Plätze für Arbeitskräfte aus Westbalkanländern. Bei hoher Auslastung kann dieses Kontingent um bis zu 50 % erweitert werden, was theoretisch rund 12.000 Arbeitskräfte ermöglichen würde. Damit liegt das neue Modell im oberen Bereich bisheriger Regelungen und sieht zudem eine automatische Verlängerung bei hoher Auslastung vor. Ergänzend wurde ein Tourismusbeschäftigtenfonds geschaffen, dotiert mit 6,5 Millionen Euro jährlich, der Weiterbildung, Ganzjahresbeschäftigung und Mitarbeiterbindung fördern soll.
Für viele Betriebe in den alpinen Bundesländern sind das überfällige Schritte: Die Wintersaison gilt als Herzstück des heimischen Tourismus, doch in kaum einer Branche sind die Personalengpässe so dramatisch. Laut AMS blieben im letzten Winter mehrere tausend Stellen im Tourismus unbesetzt, während die Nachfrage nach qualifiziertem Servicepersonal weiter steigt.
Zwischen Arbeitsmarktpolitik und Realität
Doch nicht alle sehen in den neuen Maßnahmen die Lösung. Kritiker befürchten, dass Österreich damit noch stärker von Arbeitskräften aus Drittstaaten abhängig wird – und den strukturellen Problemen im Inland ausweicht. Gemeint sind etwa mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Saisonarbeit, geringe Planbarkeit für Beschäftigte und eine hohe Abwanderung junger Fachkräfte in ganzjährige Branchen.
In der Praxis bedeutet das: Wo lokale Arbeitskräfte fehlen, greifen Hoteliers und Gastronomen zunehmend auf Köche, Servicekräfte und Rezeptionisten aus Südosteuropa oder Asien zurück. Die Rot-Weiß-Rot-Karte, ursprünglich für hochqualifizierte Fachkräfte gedacht, hat sich in den letzten Jahren auch im Tourismus zu einem wichtigen Instrument entwickelt – nicht ohne Kontroversen. Während die einen sie als Lebensader für den Betrieb sehen, warnen andere vor einem Einfallstor für Lohndumping.
Was jetzt gefordert wird
Unabhängig von parteipolitischen Lagern wächst der Konsens, dass Fachkräftepolitik im Tourismus langfristiger gedacht werden muss.
Dazu zählen:
- gezielte Ausbildung und Weiterbildung im Inland,
- attraktivere Arbeitsbedingungen für Saisonkräfte,
- mehr Anreize für Ganzjahresbeschäftigung,
- und ein rechtssicherer, flexibler Zugang zu Drittstaaten-Arbeitskräften.
Denn die Erfahrung zeigt: Wo im Winter kein Personal gefunden wird, bleibt auch im Sommer das Ausbildungsniveau niedrig.
Ein Standort im Ungleichgewicht
Der österreichische Tourismus steht damit vor einem Dilemma: Die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften wächst – gleichzeitig steigt der Anspruch, unabhängig zu werden. Zwischen diesen Polen pendelt die Branche seit Jahren.
Fachleute sehen darin weniger ein ideologisches als ein strukturelles Problem. Der Fachkräftemangel sei das Ergebnis jahrelanger Versäumnisse – im Bildungssystem, in der Sozialpolitik und in der Attraktivität touristischer Berufe.
Solange aber befristete Kontingente den Mangel nur abfedern, bleibt der Tourismus weiter hungrig nach Fachkräften.
(red)