Urlaubslust & Buchungsfrust

Anspannung im Austro-Tourismus: Corona macht diese Wintersaison zur wirtschaftlichen Reise ins Ungewisse. Hoffnungen ruhen auf Sicherheitskonzepten, Geld-Zurück-Garantien und Ferien-Patriotismus.
© TVB Paznaun – Ischgl

Eine Industrie zittert. Doch es sind keine Minusgrade, die selbst kälteerprobten Touristikern zusetzen. Sondern der Gedanke an den Winter. Nie waren die Zweifel größer, was reiche Ernte inmitten weißer Pracht betrifft. Rote Corona-Ampeln, Reisewarnungen, ein möglicher dritter Lockdown oder Diskussionen um Skifahr-Verbote machen die Saison zur Reise ins Ungewisse. Die erfolgsverwöhnte Sparte muss eine irritierende Situation stemmen, die viele Akteure ratlos zurücklässt. Plötzlich erweist sich dieses Business als eng gesteckter Slalom mit sehr hohem Ausfallrisiko. Wer die Herausforderung dennoch annimmt, besitzt keinerlei Garantie für intensiven Publikumsandrang. „Österreichs Tourismus ist jahrelang von Rekord zu Rekord geeilt. Der bisher ungekannte Einbruch trifft uns jetzt natürlich hart. Aber den Winter abzuschreiben, dafür wäre es jedenfalls viel zu früh. Die Branche hat sich gut vorbereitet und aus den Erfahrungen im Sommer gelernt. Natürlich ist es alles andere als sicher, dass Ähnliches gelingen wird“, sagt Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung.

Für Konsumenten und Touristiker präsentiert sich heuer eine Ausnahmesituation, die weitgehend Fahren auf Sicht erfordert. Ein Weihnachtswunder würde jedenfalls mehr als nur gelegen kommen. „Diese Winter-Saison findet in Österreich unter bisher unbekannten Bedingungen statt. Nichts wird so sein wie früher. Sämtliche Betriebe müssen durch das Virus mit massiven Herausforderungen rechnen. Das Geschäft wird heuer von vielen kaum kalkulierbaren Faktoren beeinflusst“, resümiert Werner Taurer, Managing Partner der Tourismusberatung Kohl & Partner.

Die Motivation der Zielgruppe ist einstweilen ungebrochen. Eine Studie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen inklusive Sonderbefragung für die Österreich Werbung signalisiert Aufbruchsstimmung. Demnach wollen 58 Prozent der heimischen Bevölkerung diesen Winter verreisen oder höchstwahrscheinlich die Koffer packen, zwei Drittel wählen Inlandsziele. In Deutschland planen 55 Prozent im nächsten Halbjahr Ferien, zehn Prozent favorisieren Österreich. Also kann die Branche bis zum Frühjahr zumindest auf dem Papier 2,5 Millionen Austro-Gäste und 3,3 Millionen deutsche Besucher einkalkulieren. 

Unklare Rahmenbedingungen 

Doch Absichtserklärungen alleine spülen kein Geld in die Kassen. Selbst wenn gegenüber der letzten Befragung im Mai die Reiselust heimischer Verbraucher von 49 auf 60 Prozent gewachsen ist. Die Entwicklung in Deutschland nimmt einen ähnlich positiven Verlauf. Nicht unerwartet besteht grundsätzlich Bereitschaft für Betätigungen im Schnee. Was trotzdem nichts ändert an hohen Hürden als Spaßverderber. „Die Menschen wollen Urlaub machen. Letztlich wird es jedoch von den Rahmenbedingungen abhängen, ob das tatsächlich möglich ist“, betont Stolba.

Doch das endgültige „Ja“ hängt nicht bloß von externen Gegebenheiten ab. Hinter wohligen Gedanken an Brettln und Brettljause lauert stetig das Glatteis des latenten Zweifels. Fast jeder zweite Befragte hegt laut Studie die Sorge, sich am Urlaubsort oder in Bahn, Bus und Flieger anzustecken. Einreisebestimmungen sowie Corona-Regeln sind weitere Störfaktoren. Am meisten Kopfschmerzen bereitet jedoch die dringliche Frage, ob bei Stornierungen tatsächlich Geld zurückerstattet wird. Die Möglichkeit einer Quarantäne knabbert dann ebenso noch an den Nerven.

Somit stressen aktuelle Unwägbarkeiten scheinbar mehr als virale Ängste. Dieses Paket an Befürchtungen ändert aber das Buchungsverhalten. Viele Konsumenten dürften ihre Entscheidung sehr knapp treffen, wissen Experten. Schließlich weiß niemand, was die nächsten Wochen bringen werden. Neue Restriktionen sind ebenso möglich wie Lockerungen. Die Zahlen der Österreich-Werbung belegen jene Last-Minute-Taktik: 52 Prozent der Befragten in Österreich sowie 39 Prozent in Deutschland wollen sich sehr kurzfristig festlegen. Jeder Dritte möchte erst in den letzten vier Wochen vor dem anvisierten Termin zusagen. 

Von Christian Prenger

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