Venedig zwischen Anspruch und Andrang

Wer Venedig besucht, erwartet Raum für Kultur und Begegnung – doch die Realität ist oft eine andere.

18.08.2025 10:51
Redaktion
© MG Mediengruppe
Touristenansturm in Venedig

Venedig steht seit Jahren im Zentrum der Debatte um Übertourismus. Wer die Stadt für einen Kultururlaub auswählt, sucht nicht nur Kanäle und Palazzi, sondern auch Ruhe, Übersichtlichkeit und den Raum, um Erlebnisse bewusst aufzunehmen. Doch genau dieser Anspruch kollidiert mit den schieren Menschenmengen, die sich täglich durch die Lagunenstadt schieben. Allein auf dem Markusplatz können sich an Spitzentagen zehntausende Besucher gleichzeitig aufhalten. Für viele Gäste entsteht so das Gefühl, nicht mehr Teil einer Begegnung mit der Stadt, sondern Teil einer Masse zu sein.

Maßnahmen im Praxistest

Die Stadtregierung versucht gegenzusteuern. Neben einem Eintrittsgeld für Tagestouristen – 2025 an insgesamt 54 Tagen zwischen April und Juli erhoben, bei kurzfristiger Buchung verdoppelt – gelten neue Regeln: Gruppen dürfen nicht größer als 25 Personen sein, Lautsprecher sind verboten, der Zugang erfolgt nach digitaler Registrierung mit QR-Code. Auf dem Papier klingt das nach Ordnung, in der Praxis bleiben die Probleme sichtbar. Besucher berichten von überfüllten Gassen, langen Wartezeiten in Museen und einem Servicepersonal, das trotz Professionalität oft überlastet wirkt.

Raum als Schlüssel

Das eigentliche Problem liegt weniger im Preis als in der Verfügbarkeit von Raum. Wer sich durch Gedränge bewegt, kann kaum die Details von Kirchenmosaiken oder die Stimmung einer Ausstellung erfassen. Selbst eine Gondelfahrt verliert an Magie, wenn Dutzende andere Boote dicht an dicht vorbeiziehen. Für viele Reisende ist genau dieser Verlust von Atmosphäre die größte Enttäuschung.

Mehrpreis für mehr Qualität?

Die Gebühren und Einschränkungen sind aus Sicht der Stadt notwendige Schritte, um den Andrang zu lenken. Doch für Besucher:innen, die Venedig als Ort der Kultur und der Begegnung mit Geschichte suchen, bleibt die Frage: Reicht es, Eintrittsgelder zu kassieren, oder braucht es nicht vielmehr eine gezielte Steuerung, die einzelnen Sehenswürdigkeiten und Stadtteilen spürbar Entlastung bringt? Reservierte Zeitfenster, klar definierte Kontingente und die Stärkung weniger frequentierter Routen könnten dazu beitragen, dass Venedig erlebbar bleibt.

(red)

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