Wie Austrian Airlines sich neu aufstellt

700 bis 800 Planstellen sind betroffen. Das Unternehmen will schlagkräftiger gegenüber den Billig-Airlines werden.
© Austrian Airlines

Bei der Pressekonferenz in Wien-Schwechat heute (7.11.19) gab die Austrian Airlines offiziell bekannt: Nach der Billigflieger-Schwemme am Vienna Airport formiere man sich neu: Marktseitig bündelt Austrian Airlines ihre Flottenstärke in der Hauptstadt. Unternehmensseitig leitet sie harte Sparmaßnahmen ein. Denn nach sechs gewinnträchtigen Jahren droht die Airline wegen der Billig-Angebote in Wien wieder in die Verlustzone zu fliegen. Das Unternehmen will gegensteuern, indem es die internen Kosten über Effizienz- und Produktivitätsverbesserungen ab 2021 um 90 Millionen Euro pro Jahr senkt. Rund 700 bis 800 Stellen sind voraussichtlich vom Programm „PE20“ betroffen. Das ist mehr als jede zehnte Stelle der Lufthansa-Tochter. Das Bodenpersonal dürfte tendenziell stärker betroffen sein als Piloten und Flugbegleiter. Ein Großteil davon werde aber über natürliche Fluktuation abgefedert werden können, hieß es bei der Pressekonferenz. Langfristig bleibe es das Ziel der Airline, die Flotte zu modernisieren und dann wieder auf Wachstumskurs zu schwenken.

Austrian Airlines CEO Alexis von Hoensbroech hielt fest: „Wir müssen uns neu aufstellen, um im brutalen Wettbewerb gegen die Billig-Flieger zu bestehen. Die Maßnahmen sind zum Teil schmerzhaft, weil sie uns Substanz nehmen, die wir in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut haben. Sie sind aber gleichzeitig notwendig, um die Zukunft von Austrian Airlines als führende Fluggesellschaft in Österreich zu sichern.“

Strategieprogramm #DriveTo25

Marktseitig will Austrian Airlines den Billigfliegern Paroli bieten. Über das Strategieprogramm #DriveTo25 plant man Flottenstärke in Wien zu bündeln, indem alle in Österreich verfügbaren Flugzeuge in der Hauptstadt stationiert werden, wo der Preiskampf tobt. Schützenhilfe kommt dabei vom Konzern: Deutschland-Flüge aus den Bundesländerflughäfen werden sukzessive von Lufthansa geflogen. Schon im Dezember soll die Strecke Salzburg-Frankfurt von „OS“ auf „LH-Flugnummer“ umgeklappt und damit Flugzeuge freigespielt werden. Die dezentralen Crewbasen in den Bundesländern schließen. Betroffene Mitarbeiter erhalten Wechselangebote nach Wien.

Zur Verteidigung des Standorts Wien baut Austrian Airlines gleichzeitig ihre Flotte um: 18 kleine Turboprops sollen gegen zehn größere Mittelstrecken-Jets des Typs Airbus A320 ausgetauscht und damit erhebliche Produktivitätsverbesserungen gehoben werden. Schon im November gehe der erste der zusätzlichen A320 an den Start, hieß es bei der Pressekonferenz. „Durch den Tausch der Flugzeuge und der engeren Zusammenarbeit mit unserer Konzernschwester Eurowings bündeln wir in Wien unsere Flottenstärke“, konkretisierte CCO Andreas Otto, „wir weichen keinen Millimeter zurück und halten an unserer Premium-Strategie fest.“

Austrian Airlines schlagkräftiger aufstellen

Austrian Airlines will sich gleichzeitig als Unternehmen schlagkräftiger aufstellen. „Schlagkräftiger“ bedeute produktiver und effizienter, hieß es bei der Konferenz. Denn größere Flugzeuge bedeuten geringere Stückkosten, weil vereinfacht gesagt, mit weniger Crews mehr Passagiere befördert werden können. Die Flottenharmonisierung bedeute letztendlich auch eine Reduktion von Komplexität. Denn mit dem Wegfall eines Flugzeugmodells fallen auch Kosten für die eigene Ausbildung von Piloten, Flugbegleitern und Technikern sowie die Lagerung von Ersatzteilen weg. CFO Jani: „Alleine durch die Flottenharmonisierung können wir einen signifikanten Beitrag zur Ergebnisverbesserung leisten.“

Austrian Airlines plant zudem Verbesserungen in den Unternehmensabläufen durch Automatisierung, Digitalisierung, Zentralisierung und Kürzungen bei den Sachaufwendungen. In den kommenden zwei Jahren sollen über Produktivitäts- und Prozesseffizienzmaßnahmen 90 Mio. Euro eingespart werden. „Diese wollen wir in Ruhe mit unserem Betriebsrat besprechen“, kündigt der Austrian Finanzchef an. Er hofft die Sozialpartner und die heimische Politik als Verbündete zu gewinnen. „Es müssen bei uns hochqualifizierte Arbeitsplätze wegfallen, weil über die Billigflieger deutlich schlechtere Lohn- und Sozialstandards geboten werden. Fairer Wettbewerb ist ok, aber bitte ohne Sozial-Fouls“, meinte Jani.

Zusammenarbeit mit Eurowings

Ab Jänner 2020 wird die Konzernschwester Eurowings aus ihrer Wiener Basis heraus mit vier Flugzeugen im „Wet Lease“ für Austrian Airlines fliegen. Damit wird eine deutlich engere Abstimmung des Streckenangebots möglich. Und das erlaubt neue Direktflüge im Austrian Airlines Flugplan nach Barcelona, Birmingham, Nürnberg, Rom oder Zadar. Auf der Langstrecke wird Austrian Airlines im kommenden Sommerflugplan 2020 die Urlaubsdestination Miami aus dem Programm nehmen. Die Strecke, welche bisher ausschließlich saisonal im Sommer bedient wurde, war trotz aller Bemühungen nicht mehr wirtschaftlich. Die letzte Austrian Airlines Maschine aus Miami landet morgen, den 8. November 2019, in Wien. Die Strecke Wien-Los Angeles, welche ebenfalls nur im Sommer bedient wird, wird im kommenden Sommerflugplan 2020 fünf statt wie bisher sieben Mal angeboten. Was mit der gewonnenen Kapazität auf der Langstrecke passiert, ist derzeit noch offen.

Innovationsstrategie bleibt aufrecht

Das im Jänner angekündigte Strategieprogramm #DriveTo25 behalte trotz Billig-Angriff seine Gültigkeit, hieß es bei der Pressekonferenz weiter. Dabei gehe es kurz gefasst um das Erreichen der Investitionsfähigkeit und die Erneuerung der für den Standort Wien so wichtigen Langstrecke. „Unsere langfristige Strategie bleibt gültig: Wir wollen Austrian Airlines modernisieren, profitabel und investitionsfähig machen“, betonte  CEO Alexis von Hoensbroech, „investitionsfähig heißt, dass das Unternehmen die notwendigen Investitionen selbst tragen kann.“

AUA-Vertriebsvorstand Andreas Otto fügte hinzu, dass nichts anderes übrig bleibe, als “bei den Ticketpreisen mit runter zu gehen” – “sonst bleibt der Sitz leer”.

APA/PA/red

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