Wie es zum Offenhalten der Reisebüros kam…

So kann man eine ganze Branche mit einer leisen Maßnahme erwürgen. Ein Dramolett von Christian W. Mucha.
© Pixabay

Trotz weitreichender Reisewarnungen, müssen die Reisebüros offenhalten

Jetzt also: Lockdown Nummer 2. Und während bei der XXXLutz-Eröffnung eine Armada von Polizisten eingesetzt wird, um für die 6.000 Besucher, die die Eröffnung in Eugendorf mitmachen wollen, den Autobahn-Abgangs-Verkehr zu regeln, während bei Humanic die -50 Prozent-Rabatt-Haie sich die ermäßigten Opernball-High Heels, die Moon Boots für´s Après-Ski feiern und die Lackschuhe für den Philharmoniker-Ball abholen, machen Herr und Frau Österreicher das, was sie am Besten können:

mit höchster Intensität nachfragen, recherchieren und spitz kriegen, mit welchen Ausnahmeregelungen sich die Ausgangsbeschränkungen umgehen lassen.

Die Grundeinstellung dazu begleitet uns schon seit dem lieben Augustin, der noch beim Stolpern in die Massengräber der Pestilenz das berühmte Wienerlied „Des derwischt nur die ondern – i krieag des nie“ schwer besäuselt zum Besten gab.

Apropos besäuselt: wie angesoffen muss derjenige gewesen sein, der die Verordnung unterschrieben hat, wonach Waffengeschäfte systemrelevant geöffnet halten dürfen?

Ich verstehe schon, dass es nach den jüngsten Ereignissen nicht so leicht sein dürfte, Kalaschnikow-Munition in der Slowakei zu erwerben und man deshalb auf österreichische Lieferanten zurückgreifen muss.

Auch die Jäger, die jetzt Hasenjagd-Hochsaison haben, brauchen ihre Schrotkugeln jetzt ganz besonders dringend.

Und auch so mancher Polizist, der von seiner vorgesetzten Behörde nur eine armselige Glock bekommen hat, rüstet sich jetzt lieber privat mit einem Sturmgewehr für den nächsten Einsatz aus.

Und da er auf jene, die in der Asservatenkammer liegen nicht zugreifen kann und auf denen nicht ausgebildet wird, kann natürlich ein Fachhändler, der nicht im Lockdown ist, schon helfend eingreifen.

Aber – Hand auf´s Herz – so etwas Vertrotteltes kann man sich doch nicht einmal in den kühnsten Träumen ausmalen, oder?

So etwas fällt doch nur einer Birgit Hebein ein, die Österreichs Dienstpolizisten komplett entwaffnen wollte. Eine entwaffnendere Geste der Dummheit und Borniertheit gab es hierzulande nur sehr selten.

Mich erinnert es an die seinerzeitige Justizministerin, die sich allen Ernstes eine Freifahrtsbestätigung für die Busspur ausstellen ließ.

Für sich und ihre Dienstfahrzeuge.

Von Journalisten gefragt, warum sie dies getan hätte, argumentierte sie wie folgt (bitte auf der Zunge zergehen lassen): „Wenn ich aus dem Ministerium herausfahre, muss ich die Busspur queren, dafür habe ich mir das ausstellen lassen. Da ich eine präzise Verfechterin der Gesetzestreue bin und die Busspur sonst nicht überqueren dürfte.“

Den teilnehmenden Journalisten bei der Pressekonferenz blieb der Mund offen. Die Damen und Herren waren so perplex, dass ihnen die passenden Gegenargumente an Ort und Stelle gar nicht erst einfielen:

Denn wenn das, was die Ministerin da behauptet hatte, stimmen würde, dann dürfte es in Wien keine einzige Busspur geben. Denn dann könnte man ohne „Busspurbefahrungsgenehmigung“ aus keiner einzigen Garage herausfahren.

Und – selbstverständlich signalisiert die Busspur nur, dass das kontinuierliche Befahren derselben verboten ist, niemals das Überqueren – das ist natürlich jederzeit und an jeder Stelle erlaubt…

Ich habe meine Ausschweifungen zu diesem Thema deshalb so formuliert, um Ihnen zu verdeutlichen, was in Politikergehirnen so vor sich gehen kann.

Und was in den Politikergehirnen vor sich gegangen ist, als man ernsthaft die Reisebüros beim Lockdown 2 offengelassen hat, versuche ich Ihnen in dem nun folgenden Couplé in Bronner-Qualtinger-Wehle-Manier zu verdeutlichen.

Ein vier Meter achtzig hohes Besprechungszimmer in der Belle Etage eines Ministeriums, in den Wandnischen maria-theresianische Preziosen, an den Wänden historische Gemälde.

Die im barocken Stil gehaltene Plastik-Sitzgarnitur ist wackelig, die Bezüge leicht verschlissen. Zwei Fenster (undicht, die Farbe abgeblättert) stehen offen, drei Ministerialbeamte höchsten Ranges sitzen zusammen.

Sektionschef, Oberregierungsrat Gustav Hosenscheitel,

Präsidialpräsidentin, Ministerialrätin Melanie Muskelfaser

und

Direktionsprinzipal, Wirklicher Hofrat Sascha Logenwickler

im Gespräch.

Logenwickler: „Des schoff ma net..“

Muskelfaser: „Unter keinen Umständen geht sich des aus; da Vizekanzler hot gsogt, mir miassen streichen.“

Hosenscheitel: „Und der Kanzler hot gsogt, wiar miassen dreimal übereinand Decken streichen…“

Logenwickler: „Vielleicht, wenn ma die Möbelhäuser streichen, hm?“

Muskelfaser: „Bist wo angrennt, des san die besten Inserenten von die Togeszeitungen. Wenn die gstrichen werden, schreiben de die Regierung nieder!“

Hosenscheitel: „Wos mir wurscht is, i hob schon den sechsten Minister in meiner Amtszeit überlebt.“

Logenwickler: „Du vielleicht – i net. Du weißt, i komm von die Grünen und bei uns geht die Versenkung so schnell, des konnst da goar net vurstellen. Schau´ da die Hebein an.“

Muskelfaser: „Jo, die hams ausgehebeint, ha, ha, ha!“

Sie bekommt einen Hustenanfall, die beiden anderen rücken blitzartig zwei Meter zurück, in die Mitte des Raumes. Hosenscheitel geht zu den Fenstern und öffnet ein weiteres.

Logenwickler: „I hob do a Idee.“

Muskelfaser: „Welche?“

Logenwickler: „No, wenn ma a Branche, die wirklich wurscht is, offen lassen, obwohl die in Wirklichkeit nix tun können und a nix verkaufen, dann können´s a kane Schadenersatzforderungen stellen!“

Hosenscheitel: „Dos is genial! Und wir brauchen uns kane Vorwürfe machen….. die konnten ihr Geschäft jo weiter betreiben…“

Muskelfaser: „Aber des ist ja völlig unlogisch, do könnt ma jo gleich in den Monaten Dezember, Jänner und Februar alle Eissaloons eröffnen lassen.“

Hosenscheitel: „Super Idee, woart des muss i ma aufschreiben, des moch ma!“

Muskelfaser: „Oder den Seilbahnen, Liftgesellschaften und Skischaukelbetreibern als Ersotz für den Ausfall jetzt anbieten, in die Monate Mai, Juni, Juli und August aufzusperren!“

Hosenscheitel wieder: „Hearst Du sprühst jo nur so vor Ideen, des muass i ma aufschreiben!“

Muskelfaser: „Oiso, wos mach jetzt?“

Logenwickler: „Die Reisebüros bleib´n offen!“

Hosenscheitel: „Aber die können im Moment do goar nix verkaufen.“

Logenwickler: „Wieso, alle Reiselustigen san grad in Dubai?“

Hosenscheitel: „Aber Dubai ist genau deshalb komplett ausgebucht – aber sie könnten ja Dubai im Juli des nächsten Jahres anbieten…“

Logenwickler: „Willst Du im Juli nach Dubai foahrn?“

Hosenscheitel: „Na! Aber des is jo net die Frage, es geht um die Argumentation!“

Logenwickler: „Na guat, dann is es fix. Die Reisebüros hobn jetzt offen.“

Alle drei fallen sich um den Hals, schrecken aber zurück, als Melanie Muskelfaser wieder einen Hustenanfall bekommt.

Hat es sich so abgespielt? Ich weiß es nicht. Ich befürchte, es war noch schlimmer.

 

Herzlichst, Ihr

Christian W. Mucha

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