Ein prominenter Psychiater sucht auf der Genesis Plaza Kontakt zu den Anwesenden. In Gesprächen liefert der honorige Arzt anregenden Diskussionsstoff. Mit Fragen zur Existenz aller Beteiligten im virtuellen Raum. Oder über Auswirkungen verpixelter Menschen auf die Libido. Dann formuliert der Seelenerforscher seinen Vorschlag für jene Community: Eine Pause einlegen von der digitalen Welt. Stattdessen sollen die Zuhörer in das echte Wien reisen.
Vielleicht hat besagte Botschaft manche Empfänger wenigstens zum Nachdenken animiert. Schließlich gilt der Mann hinter jener Reiseempfehlung als weltweit bekannte Größe seiner Profession. Sigmund Freud lieferte als prominenter Avatar in Diensten von Wien Tourismus smarte Marketingimpulse für die Bundeshauptstadt. Im April kümmerte sich der Vater der Psychoanalyse gemäß dem Motto „Get me out, Freud!“ um die Gemeinschaft einer neuen aufstrebenden Region. Als Örtlichkeit für solche psychologische Fürsorglichkeit fungierte das Decentraland.
Wer jetzt irritiert seinen Atlas in den Schrank stellt, muss nicht frustriert sein. Mit großer Wahrscheinlichkeit finden sich genügend Wissbegierige, die bei der geografischen Suche ins Leere laufen. Digital Natives und Hightech-Begeisterte hingegen haben dieses mysteriöse Refugium sicher schon erkundet. Schließlich handelt es sich um eine populäre Destination des sogenannten Metaverse. In dreidimensionalen virtuellen Erlebniswelten versammeln sich dort Nutzer, die mittels Datenbrille und Avataren Konzerte aufsuchen, einkaufen, Kontakte pflegen oder spielen.
An beengten Verhältnissen dürfte jenes rege Miteinander in Decentraland kaum scheitern. 90.601 Parzellen, eine Universität, Vergnügungsparks und viele andere öffentliche Flächen warten auf hunderttausende Personen, die hier bereits andocken. Der elektronische Eingang steht offen für weitere Neueinsteiger mit Ansiedelungs-Absichten. Mittels der eigenen Kryptowährung „Mana“ kann jeder Territorium erwerben und Services sowie Produkte zeitgeistig bezahlen. Was nach einem Science Fiction-B-Movie klingt, scheint immer mehr reale Neugier zu wecken…
Von Christian Prenger
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