Debatte über Klimaziele der deutschen Kreuzfahrt-Branche
Naturschutzbund sieht inakzeptables Vorgehen
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisiert die Klimaziele mehrerer Kreuzfahrtunternehmen. „Es ist unverantwortlich, wenn sich eine Branche selbst Ziele steckt, die hinter den Klimazielen der Bundesrepublik zurückbleiben“, sagte NABU-Verkehrsreferent Sönke Diesener.
Acht von zwölf Kreuzfahrtunternehmen geben laut NABU an, 2050 Klimaneutralität erreichen zu wollen. „Das ist weder akzeptabel noch vermittelbar – insbesondere für eine Freizeitaktivität“, sagte Diesener. Insgesamt wurden 14 Unternehmen befragt, zwei antworteten nicht.
Klimaneutral heißt, dass das Klima nicht beeinflusst wird. Die deutsche Regierung will in Deutschland bis 2045 Treibhausgasneutralität erreichen.
In der Nabu-Befragung ging es unter anderem um Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, Schweröleinsatz, Landstromnutzung, Rußpartikelfilter und Katalysatoren, die den Stickoxidausstoß reduzieren. Aus den Antworten haben die Umweltschützer eine Rangliste gemacht, in der Hurtigruten, Havila und Hurtigruten Expeditions aus Norwegen die ersten Plätze belegen. Diesener sagte, in Norwegen gebe es eher günstigen Landstrom aus Wasserkraft und strengere Regeln. Aus Deutschland schneidet Mein Schiff am besten ab, es folgen die Anbieter Aida Cruises und Hapag-Lloyd Cruises. Der Kreuzfahrtriese Carnival ist auf dem vorletzten Platz, die Linie Marella auf dem letzten.
„Die Kreuzfahrtindustrie verschreibt sich dem übergeordneten Ziel der Klimaneutralität 2050“, teilte der Kreuzfahrt-Branchenverband Clia in Deutschland zur Rangliste mit. Das Ziel stünde im Einklang mit einer Treibhausgasstrategie der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für den internationalen Schiffsverkehr. Die IMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Eine Herausforderung bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt ist dem Verband zufolge die breite Verfügbarkeit erneuerbarer Energieträger. Die Politik sei gefragt, mit ehrgeizigen Produktionszielen den Hochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen anzureizen, fordert der Verband. Auch Landstrom müsse verfügbar sein, teilte Clia mit. Die Hälfte der Clia-Flotte verfüge über Landstromanschlüsse. Die Zahl solle in den nächsten Jahren weiter steigen.
In Hamburg, Kiel und Rostock stehe Landstrom für Kreuzfahrtschiffe bereit, sagte der Vorsitzende des Nabu Hamburg, Malte Siegert. Siegert rief die Reedereien auf, die Anlagen zu nutzen. „Ansonsten muss eine Landstrompflicht her, um die Menschen in den Städten vor den Abgasen zu schützen.“ In Bremerhaven gibt es noch keinen Landstrom. Geplant ist, dass zunächst eine Anlage 2025 am Kreuzfahrtterminal in Betrieb gehen soll, wie Bremenports mitteilte.
Landstromanlagen versorgen Schiffe mit Strom. Ein Vorteil ist, dass Schiffe, die an die Anlagen angeschlossen sind, keinen klimaschädlichen Schiffsdiesel verfeuern müssen. Viele Schiffe nutzen die Landstromanlagen bislang dennoch nicht. In Deutschland sind die Kosten für den Strom eher hoch und nicht alle Schiffe können Landstrom beziehen.
In Hamburg gibt es mehrere Kreuzfahrtterminals. Am Terminal in Altona fließt Landstrom seit 2017, am Terminal Steinwerder seit April, teilte die Hamburg Port Authority (HPA) auf Anfrage mit. An einem weiteren Terminal, dem im Bau befindlichen Cruise Center Hafencity, ist eine Landstromanlage vorgesehen. Der HPA zufolge sind während der diesjährigen Kreuzfahrtsaison in Hamburg 270 Schiffsanläufe geplant. Bei 135 Anläufen, also der Hälfte, ist vorgesehen, dass die Schiffe Landstrom aus erneuerbaren Energien nutzen sollen. In den vergangenen Jahren wurde Landstrom weitaus weniger genutzt.
APA/Red.
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